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Max Meyer.
[XVII. 12]
wird durch gröfsere absolute Tonintensität die relative Intensität
der höheren Töne etwas begünstigt. Doch ist der Unterschied
nicht so grofs, dafs man hoffen könnte, ihn durch Beobachtung
festzustellen, da die Schwierigkeiten bei feineren Untersuchungen
dieser Art dem Anscheine nach unüberwindlich sind.
Bei der früheren Darstellung meiner Theorie dürfte es An¬
stofs erregt haben, dafs die Abschwächung des höheren von
zwei Primärtönen im Zusammenklange nach der Theorie so
aufserordentlich grofs ist, und dafs die Differenztöne verhältnifs-
mäfsig gar zu stark sind. Die obigen Ausführungen zeigen, dafs
dieses auffällige Stärkeverhältnifs durch die Wirkung der ver¬
schiedenen Membranbreite derart modifizirt wird, dafs kaum
noch Anstofs daran zu nehmen ist, zumal wTenn man bedenkt,
dafs die Gfröfsenverhältnisse der Membran hier nur der Wahr¬
scheinlichkeit nach angenommen sind, in Wirklichkeit aber noch
andere sein können.
Falls die Basilarmembran nicht bei allen Individuen in
gleicher Weise gebaut wäre, sondern bei einigen gröfsere, bei
anderen geringere Breitenunterschiede aufweisen würde, was
keineswegs unwahrscheinlich ist, so würde dies nach der Theorie
individuelle Unterschiede des Hörens zur Folge haben. Vor
Allem würden Personen, bei denen die Zunahme der Membran¬
breite nicht so beträchtlich ist, die Differenztöne bei Weitem
stärker hören als solche, deren Membran nach der Schneckenspitze
zu sich stark verbreitert.
Dafs die Membran gerade am Anfänge so sehr schmal ist,
bringt unter Anderem den Vortheil mit sich, dafs selbst ein Schall
von sehr geringer Schwingungsamplitude noch leicht eine Schall¬
empfindung hervorruft (was ja hinlänglich bekannt), da infolge
der geringen Breite der Membran auch bei minimalen Schwin¬
gungen des Steigbügels ein nicht unbedeutender Längenabschnitt
der Basilarmembran in Bewegung gerathen mufs.
Eine Konsequenz der entwickelten Anschauungen ist, dafs
bei der Verstärkung einer einfachen auf das Ohr einwirkenden
Tonschwingung die zum Centralorgan fortgepflanzte physiologi¬
sche Erregung nicht in gleichem, sondern in geringerem Maafse
zunimmt, als die Schwingungsamplitude.
Die vorstehenden Auseinandersetzungen über zusammen¬
gesetzte Klänge beschränken sich auf solche Klänge, die von
nur zwei physikalischen Komponenten gebildet werden. Wenn