C. Stumpf.
nur eine Annäherung, die ganz genau vielleicht doch auch
für die Terzen und Sexten nicht zutrifffc.1
8. Dass keines der übrigen konsonanten Intervalle ausser
der Oktave zu einem anderen oder zu sich selbst beliebig hinzu¬
gefügt werden kann, ohne dass eine Dissonanz entstände, braucht,
wenn man einmal das Gesetz der Oktavenerweiterung als ge¬
geben zu Grunde legt, nicht mehr als besonderes Gesetz aus¬
gesprochen zu werden. Es folgt dann aus den entstehenden
Zahlenverhältnissen in Verbindung mit dem Erweiterungsgesetz.
Die Quinte ergiebt z. B. durch Verdoppelung eine None, und
diese besitzt zufolge des Erweiterungsgesetzes die Dissonanz der
Sekunde. Es ist also nur selbstverständlich, dass, wenn das Er¬
weiterungsgesetz für die Oktave gilt, es auch nur für sie gilt.
Dieses Gesetz giebt daher der Oktave eine ganz eigen¬
artige Stellung, so dass man wohl sagen kann, sie unter¬
scheide sich mindestens ebenso „spezifisch“ von den übrigen
Konsonanzen, wie die Konsonanzen von den Dissonanzen. Eine
Erklärung dieses Verhaltens aber, eine tiefere Begründung des
Erweiterungsgesetzes, scheint vorläufig nicht möglich zu sein.
Könnten wir überhaupt die Verschmelzungserscheinungen weiter
zurückführen, so würden wir dann wahrscheinlich auch hierfür
den Grund finden. Für die, welche Oktaventöne als identische
Töne definiren, bedarf das Gesetz natürlich überhaupt keiner
Erklärung; aber dieser Anschauung konnten wrir eben nicht
folgen.2
3 Auch, bei 4 : 7 gegenüber seiner Umkehrung 7 : 8 scheint es ähnlich
zu sein. Während das erste Intervall noch einigermassen den Konsonanzen
nahesteht, dürfte das letzte schwerlich von Jemand dazu gerechnet werden,
und es liegt vielleicht hierin zugleich auch ein weiterer Grund für die
Ausschliessung von 4 : 7 aus der Zahl der Konsonanzen ; denn bei den übrigen
Konsonanzen ergiebt auch die Umkehrung noch ein konsonantes Intervall.
2 Eine Art von logischer oder naturphilosophischer Ableitung des Er¬
weiterungsgesetzes versuchte Hugo Biemann, Ueber das musikalische Hören
(auch u. d. T. Musikalische Logik) 1874, S. 18. Musikalische Syntaxis, 1877,
S. 10. Diese etwas scholastizirende Deduktion wird der scharfsinnige
Autor wohl selbst nicht mehr anerkennen.
Ptolemaeus verglich diese Eigenschaft der Oktaven mit der Zehnzahl
im dekadischen System, und auch Spätere gebrauchen öfters diese Ver¬
gleichung. Aber abgesehen davon, dass eine Erklärung damit nicht gegeben
ist und sein soll, darf auch der wesentliche Unterschied nicht übersehen
werden, dass das dekadische System durch ein anderes ersetzt werden