72
hierzu meinen Anteil beigetragen zu haben, dieses Bewußtsein
erfüllt mich mit Dankbarkeit und Freude und entschädigt mich
für viele Mühen und Opfer, die mein Lebenswerk mir abforderte.
Auf das vorhin erwähnte Guhrsche Werk komme ich noch
in Kürze zurück: Wir lesen hier in bezug auf eine Art Stakkato¬
spiel „welches Paganini eigen war*)“: „Er wirft den Bogen auf
die Saite, läßt ihn zurückprallen und durchläuft mit einer un¬
glaublichen Schnelligkeit die Tonreihen, wobei die Töne wie Perlen
zu rollen scheinen**).“ Als praktische Beispiele hierfür gibt Guhr
tonleiterartige Tonfolgen in fallender Bewegung an, und zur Er¬
lernung dieses Stakkatospieles empfiehlt er praktische Übungen
(Seite 12), die überraschende Ähnlichkeit aufweisen mit denjenigen,
die ich in meinem Praktischen Lehrgang (Gruppe 8, Nr. 43) zur
größten Schnelligkeit der Aufeinanderfolge der Töne (hier für
Tonleiterspiel) empfehle; es wird auch dort zuerst eine Übung
von fünf und hernach von zehn aufeinanderfolgenden Tönen, zu¬
erst in fallender und darauf in steigender Bewegung gegeben,
ebenso wie dies in übereinstimmender Weise in genannter
Gruppe in meinem Lehrgang der Fall ist.
Ich meine nun ohne weiteres, und ohne daß mir wider¬
sprochen werden kann, diese unglaubliche Schnelligkeit der Auf¬
einanderfolge der Töne als mit der von mir so vielfach erörterten
Vibration — in seitlicher Bewegung, „Blitzoktaven“***) — identisch
bezeichnen zu müssen. Ich möchte hier noch bemerken, daß ich
gerade in letzter Zeit, sowohl bei einer Künstlerin als auch bei
einem 14 jährigen Kinde in ca. 2 bis 3 Monaten persönlicher
*) „qui lui est propre.“ (Seite 11.)
**) „II jette l’archet sur les cordes, le laisse rebondir et parcourt avec
une incroyable rapidité l’échelle des sons qui semblent rouler comme des
perles.“ (Seite 11.)
***) Wie ich diese in 1911 im „5ten Musikpädagogischen Kongreß zu
Berlin“ persönlich vorführte und deren physiologische Erklärung in meiner
Schrift „Das künstlerische Klavierspiel“, Kapitel 7 enthalten ist, ebenso wie
Gruppe 14 meines „Praktischen Lehrgangs“ weitere Anweisungen zur Aus¬
führung dieser Bewegungsart gibt.