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Drittes Kapitel. Monodik und Instrumentalmusik
der Quinte abwärts bis zur Moll-Secunde und aufwärts bis zur Moll-
Octave, ohne diesen Umfang von der Secunde bis zur Octave zu über¬
schreiten. Geschah das letztere und nahm man auch die None und die
Decime hinzu, so geschah hierdurch dem Ethos der dorischen Tonart
Abbruch.
Es ist nun zu denken, dass man dem (plagalischen) Phrygischen,
welches gleich dem Dorischen eine Quinten-Tonart ist, für gewöhnlich
denselben Tonumfang wie dem Dorischen gab, dass man also von der
die Melodie schliessenden Dur-Quinte abwärts bis zur Dur-Secunde und
aufwärts bis zur Dur-Octave ging. Dies vorausgesetzt, genügte keine
der Terpandrischen Scalen. Auf dem octachordischen Diezeugmenon-
Systeme konnte man eine phrygische Melodie gar nicht ausführen (denn
hier würde der zweithöchste l'on der phry gische Schlusston sein),
Mose
Diezeugm.
a b c i d i e f g a
1 ! 2 I 3 _4 _5 6
e f g ! a i h c d e
Schluss
man musste noth wendig das Synemmenon-System wählen, womit die
Angabe des Aristoxenus bei Plut. 19 (vgl. S. 15 i) übereinkommt, aber
man konnte hier nur drei Töne unter den phrygischen Schlusston,
also bis zur Dur-Terz, hinabsteigen; wollte man die Dur-Secunde
benutzen, so musste man nothwendig die Terpandrische Synemmenon-
Scala durch das Tetrachord hypaton erweitern. In dieser Weise werden
wir es wohl zu verstehen haben, wenn Plutarch in der angeführten
Stelle sagt, dass man sich des Hypaton -Tetrachordes für die Doristi
enthalten habe, während man dasselbe für die anderen Tonarten (also
die Phrygisti) zuliess.
Hypaton ’ Meson Mesc Synemm.
(«)
r
9
a
b
C ;
d j es f
9
i
2
3
4
5 !
6 ! 7 8_
9
(ff)
c
d
e
/’
9 !
a i b c
d
Schluss
Für die Melodie konnte man aber bei der Anwendung dieses
Systèmes nicht tiefer als bis zurParhypate hypaton, d. i. derTonica des
phrygischen Dur, hinabgehen; hätte man auch noch die Hypate hypaton
für die Melodie hinzuziehen wollen, so hätte damit die Tonart aufge¬
hört, eine phrygische zu sein.