a) Vocale.
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Beim Uebergange in i steigt Zungenwurzel und Zungenbein zur
Bildung des Gaumencanals empor, daher zugleich der Kehlkopf sich
hebt. Geht man von a in u Über, so muss die Zungenwurzel zur
Vermeidung jeder Verdumpfung und Hemmung des Tones und zur
Bildung der weiten Trichteröffnung zurücktreten , wobei dann auch
der Kehlkopf nach unten, das Zungenbein nach vorn ausweichen.
Doch ist die allmähliche Vollziehung dieser beiderseitigen Ueber-
gänge nicht möglich, ohne dass wir durch die dazwischen liegenden
Laute e und o hindurchgehen, und schon diess giebt uns einen Fin¬
gerzeig , wie wir vom Nalurlaut a zu allen anderen Lauten gelangen
können.
Es ist ein sprechender Beweis für die zutreffende Richtigkeit
von Brücke’s Beobachtungen , dass wir dieselben fast durchweg für
unsere gegentheilige Auffassung ins Feld führen können, ohne ihnen
durch die alterierte Deutung im geringsten Gewalt anzuthun. Wie
in den Einzelnheiten dürfte auch im Grossen und Ganzen das Ver-
hältniss des musikalischen Tones zur vocalischen Klangfarbe und
das gleichzeitige Verhalten des Kehlkopfs bei Articulierung der Vo¬
cale, die Erscheinung der gemischten Vocale ü und ö, das praktische
Experiment, dessen Erwähnung geschah — alles das dürfte unsere
Theorie der Verengerung besser gewährleisten, als Brücke’s Theorie
der Verlängerung. Die Krone des Beweises aber sei das natürliche
Lautsystem selbst, mit ihm stehe und falle seine Vocaltheorie.
Zuvor jedoch müssen wir noch eine andere Partie aus Brücke’s
verdienstlichen Schriften einer näheren Betrachtung unterziehen,
nämlich seine Theorie Uber :
erweitert, und indem der Kehlkopf höher steht als beim u und tiefer als beim
i. Beim a hat das Zungenbein dieselbe Stellung wie in der Ruhe, aber der
Kehlkopf ist ihm stärker genähert und dadurch etwas gehoben ; geht man von
a in i über, so behalten Kehlkopf und Zungenbein ihre gegenseitige Lage, aber
steigen mit einander in die Höhe; geht man von o in u über, so entfernt sich
der Kehlkopf so weit er kann vom Zungenbeine, um sich nach abwärts zu sen¬
ken. Das Zungenbein bewegt sich dabei etwas nach vorn, wahrscheinlich we¬
gen der Lagenveränderung, welche die Zungenwurzel durch das Herabtreten
des Kehlkopfs erleidet.
Der Mundcanal ist beim a in seiner ganzen Länge offen,
weder in derMitte verengt wie beim noch amEnde verengt
wie beim u. Beides würde die Hervorbringung des reinen hel¬
len a unmöglich machen; übrigens aber kann das a bei sehr
verschiedenerWeitedesMundcanals hervorgebracht werden.«