Phonetische Notenschrift.
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thographie der Engländer auf neu entdeckte fremde Sprachen musste
nothwendig eine babylonische Buchstabenverwirrung zur Folge ha¬
ben, die jedenfalls für die ungelehrten Gegenftlssler nicht sehr in¬
structs sein mochte. Ohne sich gerade tief in das Wesen der Laut¬
bildung einzulassen, stellte Lepsius doch nach phonetischen Grund¬
sätzen ein ganz zweckmässiges -Alphabet zusammen. Er hielt dabei
conservativ an unseren lateinischen Buchstaben fest, Hess diejenigen,
welche in allen Sprachen ziemlich gleichen Lautwerth haben, un¬
verändert und charakterisierte die Bedeutung verschieden ausge¬
sprochener europäischer Zeichen durch neue und einfache Zuthaten.
Wir können ein solches Vorgeben nur als zweckentsprechend be¬
zeichnen und wünschen diesem Fortschritte den besten Erfole, trotz
einiger phonetischen Verstösse, deren Behebung ja noch nicht aus¬
geschlossen ist.
Den physiologisch-theoretischen Standpunkt vertritt vor Allen
Brücke. Physiologisch genau will er an jedem Lautzeichen des neuen
Alphabets die verschiedenen Functionen und Zustände des Laut¬
organes ausgedrückt haben, ja gemäss seiner Einteilung in tonlos
und tönend auch die begleitenden Processe in Kehlkopf und Thorax.
Das Alles soll in genauem Anschlüsse an die physiologischen Er¬
scheinungen bis ins Einzelne an den neuen Buchstaben angedeutet
werden. Dieselben wären sodann wie in unserer gemeinen Schrift
in einer Zeile anzureihen, und oben wie unten mit verschiedenen
anderen Lesezeichen in Verbindung zu bringen. Nicht ganz unbe¬
gründet ist Brücke's Meinung, dass diess ein Fortschritt in dem
natürlichen Entwickelungsgange der Alphabetik wäre. »Von den
Zeichen, die ganze Worte repräsentierten, kam man zu solchen, die
Sylben repräsentierten, und von diesen zu den Buchstaben. Aber
für die Zwecke der Wissenschaft muss die Analyse noch weiter ge¬
trieben und das, was der einzelne Buchstabe bezeichnet, noch wie¬
derum in seine Factoren zerlegt werden«. So erhielte denn jeder
Laut in seinem Zeichen eine Geschichte seiner Articulierung und
zugleich ein Recept für deren Nachahmung. Verwandte Laute, die
durch gleiche oder ähnliche Mittel erzeugt werden, fänden auch ver¬
wandte Bezeichnungen u. s. f. Brücke selbst gesteht zu, dass dieses
Alphabet nicht einfach sein könne. Die Mannichfaltigkeit der Laute
selbst, die verschiedenen Erzeugungsprocesse derselben und die
nothwendige Beachtung von Qualität, Quantität und Lautverknü¬
pfung dürften eine entsprechende Lösung seines Problems sehr