NEUNTER ABSCHNITT.
Es mag genug sein.
Ruhige Bestimmtheit und klares Wollen zeigen die geg¬
nerischen, Fachkenntnisse verratenden Ausführungen von
Eugen Tetzel in seiner Arbeit „Das Problem der modernen
Klaviertechnik“ (Leipzig 1909).
E. Tetzel teilt mit T. Bandmann den Vorzug, daß beide
in ihrer Methode sich des STEiNHAUSENSchen Prinzips be¬
dienen. Tetzel übt jedoch in vielen Punkten des Systems
Kritik, die in den meisten Fällen auf Mißverständnissen beruht.
Ich werde erst diese beseitigen und dann einige vorzügliche von
Tetzel verfaßte praktische Übertragungen der Passivbelastung
zitieren.
Tetzel nimmt für sich das Vorrecht in Anspruch, als
Musiker die Grundlagen der Physik und Physiologie zu be¬
herrschen, ohne aber Steinhausen ein analoges Vorrecht in
anderer Hinsicht einzuräumen. Tetzel nennt Steinhausen
„Dilettant auf der Geige“ (S. IX), obgleich Steinhausen die
Geige künstlerisch beherrschte. Die Steinhausen vorge¬
worfene Unterschätzung der Fingeraktivität ist nur scheinbar
und kommt gegen die übereinstimmenden Punkte fast nicht
in Betracht. Ist es nicht bei jeder Forschung der Fall, daß
großen Ideen kleine Irrtümer anhangen, daß man in der ener¬
gischen Verteidigung neuer Lehrsätze das umliegende Gestrüpp
der alten Vorurteile und Anschauungen etwas zu stark aus¬
rodet? Dieser Feuereifer sollte nicht mit Dilettantismus ver¬
wechselt werden. Hat doch Breithaupt als Musiker sogar
das Kind ganz mit dem Bade ausgeschüttet. Die „Übergriffe“,
die Steinhausen sich als „Laie“ erlaubt haben soll, beziehen
sich auf die Verwerfung des von Klang und Kunst entfernten
Übens, auf die Verurteilung des technischen Elements vom see¬
lischen, der Herrschaft des Geistlos - Mechanischen über das
Künstlerisch-Musikalische.
Steinhausen verwirft aber nicht das musikalische, sondern
nur das gedankenlose Üben, also wenn z. B. ein Künstler beim
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