SECHSTER ABSCHNITT.
zustand der ganzen Muskulatur. Andrerseits: soll die ein¬
geleitete Bewegung als solche frei ausschwingen können, dann
dürfen auch nach dem Anstoß keine anderweitigen den Schwung
unterbrechenden Kräftewirkungen sie beeinflussen und ablenken.
Auch diese Bedingungen erfüllt nur der passive Muskelzustand.
Der passive Muskelzustand ist der stets bereite (77, 84)
und der mit einem Minimum von Muskelkraft auskommende
zugleich. Passivität ist in jeder Lage und Stellung des Armes
möglich, mag er ohne Stütze schlaff an der Körperseite der
Schwere überlassen herabhängen, mag er irgendwo von der
Schulter abwärts bis zu den Fingerspitzen unterstützt sein.
Danach unterscheiden sich 1. Passivhang und 2. Passivlage.
Bei dem Passivhang des Armes ist offenbar die Muskelarbeit = o,
es hängt ein Glied am andern ohne allen aktiven Willenseinfluß,
lediglich durch das organische Gefüge der Muskeln, Sehnen und
Gelenkbänder gehalten. Liegen dagegen die Fingerspitzen auf
die Klaviatur sich stützend auf — ein Zustand, der ja beim
Klavierspiel immerfort vorübergehend als Durchgang vor¬
kommt —, dann wird immerhin eine gewisse Kraft verbraucht,
um das Gewicht des Armes auf den Fingerspitzen getragen zu
erhalten (75). Beide Formen des Passivzustandes, der Passiv¬
hang wie die Passivlagen, kommen vor, letztere natürlich weit
häufiger. Der erstere interessiert aber hiernach aus einem
besonderen Grunde, nämlich zum Vergleich des bei beiden doch
deutlich in verschiedenen Formen sich einstellenden Gefühls der
Muskelerschlaffung oder -entspannung. Entsprechend dem
schon früher Gesagten (46), daß wir die Grade der Muskel¬
kontraktion, wenn sie nicht extrem sind, nicht fühlen und nicht
mit dem Gefühl bewußt unterscheiden können, erklärt sich die
Tatsache ohne weiteres, daß wir die Spannungsgrade auch beim
Passivhang und der passiven Lage mittels Belastung der Finger
nicht zu unterscheiden vermögen. Das Wesentliche also ist : daß
wir bei der passiven Belastung das Gefühl vollkommener Ent¬
spannung haben, trotz der stützenden Arbeit der Fingermuskeln.
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