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Hans Hupp:
bequemere ersetzen und vor den neuen Zügen die Hand in zweckmäßigere
Lage bringen kann. Auch der subjektiven Auffassung der Form kann sich
dieses Verfahren besser anschließen, indem z. B. erst das Dach, dann
die 2 vertikalen Seiten, dann der Rest gezeichnet wird. —
4. Wenn nun infolge von Zeichensehwierigkeiten Sechsecke ungenau
gezeichnet werden, z. B. Krümmungen, Rundungen statt Ecken, falsche
Richtungen, ungleiche Seiten und damit falsche Lage der Eckpunkte ent¬
stehen. so wird ohne Zweifel die richtige Anfügung der nächsten Sechs¬
ecke sehr erschwert. Und wenn jemand überhaupt Schwierigkeiten im
Erfassen von Strukturen zeigt, so mag er an solchen Klippen völlig
scheitern. Eine ungenaue Zeichnung rächt sich für die Folge in
ähnlicher Weise, wie ein vielleicht zunächst zufällig, aus Unbedacht
begangener Strukturfehler. Man findet sich nicht mehr heraus.
Hierzu kommt noch ein zweiter Einfluß von Zeichenungeschick.
Wer die Zeiehenbewegungen schlecht beherrscht, muß offenbar mehr
acht geben, ist durch das Zeichnen, durch die Ausführung der einzelnen
Striche viel mehr absorbiert als der Geschickte, der mit dem Zeichnen
„spielt'". Er hat daher weniger Kraft für Überlegung, Übersicht u. dgl.
übrig.
Diese Einflüsse dürfen nun aber nicht so verstanden werden, daß sie
die Art der Strukturfehler selbst, auf die es uns gerade ankommt, zu
erklären imstande wären, ebenso wie die richtige Zeichnung nie durch
Zeichenfertigkeit allein zustande gebracht werden kann. Hier muß eben
das Verstehen der Struktur eingreifen; dieses muß die Bewegungen
lenken, in die richtigen Bahnen weisen.
Vermutlich besteht aber eine umgekehrte Einwirkung: das Ver¬
ständnis hat auf die Geschicklichkeit Einfluß. Wenn jemand klar auf¬
faßt, wird er seine Bewegungen besser und energischer lenken, er wird
leichter die richtigen Bewegungen und Haltungen auswählen, weil eben
das Ziel, die auszuführende Richtung oder die auszuführende Bewegung
optisch klarer und eindringlicher vor Augen steht. Es mag sein, daß
ein solcher dann den Eindruck eines Geschickteren macht. Ähnliche
Einflüsse bestehen auch auf dem Gebiete der musikalischen Geschicklich¬
keit : wer das zu Spielende klar erfaßt und stark empfindet, überwindet
die technischen Schwierigkeiten leichter, erscheint dann auch als tech¬
nisch geschickter. Die großen Komponisten waren meist vorzügliche
Spieler; es ist jedoch nicht wahrscheinlich, daß sie auch rein motorisch
übemormal begabt waren.
Zur Theorie des Musterzeichnens. Über optische Analyse.
Die in den Musteraufgaben geforderte Leistung ist zunächst lediglich
von außen her bestimmt, ähnlich wie man etwa von Addieren, Sub¬
trahieren, Dividieren oder von logischen Schlüssen bestimmter Formen