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die kürzere Lehrzeit, wenn nur das gleiche Ziel erreicht werden soll,
ist dieser Capitalsmehrbetrag ohnedies sicher bereits wettgemacht.
Wenn aber das Spiel auf der Janko-Claviatur angeblicherweise keine
Kunst mehr sein soll, dann gelangt man zu dem Schlüsse, dass
jene höchst naturwidrigen Verrenkungen der Hand auf der alten
Glaviatur als höchste Kunst bewundert werden, welche auch bei
grösster Uebung und Geschicklichkeit dem Ohre des Zuhörers hie
und da erkenntlich werden und über welch letztere man bisher
hinweggehört hat, weil es eben niemand auf der alten Glaviatur besser
machen konnte. Dieses Spiel soll jedoch angeblich die wahre Kunst
repräsentieren, während in Wirklichkeit die alte Glaviatur nur ein
Lückenbüsser war, so lange man noch nichts Besseres kannte.
Es ist wohl selbstredend, dass man da, wo es sich um einen
Cultus des Schönen handelt, trachten muss, die Musik, die geistigste
aller Künste, so viel als möglich loszulösen von überflüssigem,
irdischen Anhängsel, wozu besonders geradezu widersinnige, tech¬
nische Schwierigkeiten gehören, welche stellenweise vorkommend die
garstigsten Ungleichheiten hervorrufen. Darum ist das Janko-Clavier
gerade für die classische Musik zum praktischen Gebrauche für das
P. T. Publicum von so grossem Gewinn. Wer sich aber der Sache
zuwenden will, wird gut daran thun, dies mit Ernst und Beharrlich¬
keit auszuführen. Bei nur flüchtiger Bekanntschaft damit vermag man
wohl in auffallend kurzer Zeit einige Nummern darauf in gefällige1'
Weise vorzutragen, den wahren Nutzen und Genuss wird jedoch
nur Derjenige davon haben, welcher das Vomblattspielen darauf ge¬
pflegt hat, und wenigstens ein möglichst umfangreiches Repertoire
schönster Musik darauf von Noten spielt, dasselbe etwa nur ein-
bis zweimal monatlich wiederholend, weil der Wegfall der technischen
Schwierigkeiten dies erlaubt Alsdann wird es auch angezeigt sein,
ein gutes Instrument dafür anzuschaffen.
Es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass alle hölzernen
Janko-Claviaturconstructionen nur als ein Surrogat betrachtet werden
dürfen Nun es mir nach langjährigen, rastlosen Bemühungen ge¬
lungen ist, meine Construction zur Vollkommenheit zu erheben,
thäte das P. T. Publicum Unrecht daran, sich derartiges unvoll¬
kommenes Zeug, welches schief läuft, sich reibt und bald auswetzt,
die Mechanik schief antreibt, dem Werfen unterworfen ist, — auf-
octroyieren zu lassen. Als üble Folgen einer solchen Ersparung, die
nicht am Platze ist, würden sich bald genug hängenbleibende Tasten
und Unlust beim Spielen heraussteflen, weil man aus solchen In¬
strumenten nichts ordentliches herausbringen kann Selbst eine Er¬
weiterung der Octave von 120 auf 130 mm (was für den Spieler
eine ausserordentliche Verschlechterung der Janko-Tastatur zur Folge
hätte) würde diese Uebelstände beim directen Holzhebel keineswegs
zu beheben vermögen, denn beim vorderen Bruch und im Wag¬
punkt bleibt der hölzerne Hebel immer noch zu zart j auch hierbei
wäre das zuweilen eintretende Hängenbleiben der Töne nicht
dauernd behoben, da die Erfahrung gelehrt hat, dass bei den jetzigen
directen Janko-Holzhebeln dieser Uebelstand oftmals auch in der Mitte
der Glaviatur ein tritt, da, wo die Hebel fast geradeauslaufen, infolge