Dg NOTIZEN ÜBER DTE BILDUNG DES KNOCHENGEWEBES.
Wenn das so ist, wenn die protoplasmareichen Zellen einen embryonalen
Charakter haben, so ist es natürlich dieselben dort zu suchen, wo beim Wach¬
sen des Tieres auch die Knochen wachsen, obgleich in allgemeinen Zügen
die definitive Anordnung der Systeme derselben, schon angedeutet ist. Nach
einem factischen Beweis meiner Annahme forschend, nahm ich zu meiner Unter¬
suchung die compacte Substanz der Diaphyse des Röhrenknochens eines Kalbes
in dem Alter, wenn es schon selbstständig existiren kann. Die Wand eines
solchen Knochens ist so dick, dass man auf ein gutes Resultat von Entkalkung
mit Picrinsäure kaum rechnen kann, wenn die Behandlung nicht sehr lange
fortgesetzt wird, was aber auf das junge zarte Gewebe nicht ohne Einfluss
sein dürfte. Deshalb benutzte ich das rasche Verfahren mit Salpetersäure- Flo-
roglucin, doch- giebt Wolters’ Methode nach dieser Behandlung leider keine
guten Bilder, so dass neue Farbencombinationen nötig wurden. Unter diesen
lieferten die'besten Resultate im Sinne der Farbencontraste das Safranin und
das Gemisch nach Caleja.
Da in diesem Falle der Knochen aus einer Wachstumsperiode stammte,
wo dessen chemische und morphologische Zusammensetzung schon vollständig
ausgeprägt war, so verhält sich der leimgebende Stofl in dieser Giundsubstanz
Caleja’s °Gemisch gegenüber wie ein reifes Gewebe, und der ganze Grund
des Bildes zeigt lebhaft grüne Färbung, wie Fig. I zeigt. Die Kerne der
Knochenzellen sind rot gefärbt, während das Protoplasma die gelbe Farbe der
Picrinsäure angenommen hat. Das allgemeine Bild des Präparats enthält alle
Merkmale beendigter Entwicklung der compacten Substanz _ mit den äusse¬
ren und inneren Grundlamellen, den intersticiellen und Haversischen Lamellen
und dem Kanalsystem, und es wäre schwer sie von dem definitiven Knochen
zu unterscheiden, wenn die Abwesenheit Haversischer intersticieller Lamellen
und grössere Entwicklung wirklicher intersticieller Lamellen nicht anzeigen
würde, dass wir es hier mit einer jungen Form zu thun haben. Auf dem
grünen Grunde des Präparats, wie wir es auf der Zeichnung sehen, ziehen
in regelmässigen parallelen Reihen und in einiger Entfernung voneinander
mehr oder weniger breite rote Streifchen hin, welche bald in den äusseren
Wänden des Haversischen Systems endigen, bald über denselben hinweggehen
und nach beiden Seiten sich verbreiten, indem sie der Richtung der äusseien
allgemeinen Lamellen folgen. Das sind nicht Ebner s «Kittlinien» und auch
nicht Kölliker’s «Grenzlinien» sondern dünne Schichten einer von dem allge¬
meinen Knochengewebe optisch abgesonderten Substanz, die in der Masse der
intersticiellen Lamellen liegen. Betrachtet man solche dünne Schichten bei
starker Yergrösserung, so gewinnt man vor allem die* Ueberzeugung, dass
deren GrundSubstanz die lebhalt grüne Färbung der fertigen leimgebenden
Substanz nicht angenommen und eine gelbliche Nuance hat. welche allmälig
nach beiden Seiten des Präparats hin und ohne scharfe Abgrenzung in die
aUgemeine Grundfarbe übergeht. Im Innern dieser gelben dünnen Schichten
der Grundsubstanz treffen wrir eine grosse Menge Zellenelemente an, die ziem¬
lich eng aneinander liegen und von Safranin intensiv gefärbt werden. Infolge
einer solchen Anordnung sowie des Umstandes, dass die Grundsubstanz von
einer sehr grossen Anzahl von Zellenfortsätzen durchzogen ist, die sich von