084 Weismann, Zur Frage nach der Unsterblichkeit der Einzelligen.
zellen bestimmt ist, nicht schon während der Bildung des Embryos
geschieht — die Geschlechtszellen kommen eben sehr viel später erst
zur Verwendung; es lässt sich aber auch einsehen, dass die Reser¬
vierung bloßer Keimplasmamoleküle anstatt Keimplasmazellen in
diesem Falle bedeutende Vorteile gewährte, indem dadurch eine Zer¬
streuung des zuerst noch minimalen Keimplasmavorrats durch den
ganzen Tierstock hindurch möglich wurde, und so unter allmählicher
Vermehrung des Keimplasmas zur gegebenen Zeit Geschlechtszellen
in hunderten von Geschlechtsindividuen des Stockes gleichzeitig ge¬
bildet werden konnten.
Soweit nun die bis jetzt bekannten Thatsachen zu blicken uns
erlauben, ist eine so späte Trennung der Keimzellen von den somati¬
schen Zellen im Tierreich weniger verbreitet als die zuerst erwähnte
Art der Keimzellenbildung; bei allen Wirbeltieren erfolgt die Tren¬
nung der Keimzellen von den somatischen Zellen schon während der
Embryonalentwicklung, bei den Insekten, einem Teil der Crustaceen,
verhält es sich ebenso, bei vielen Würmern, Echinodermen, Mollusken
dagegen sind die Larven noch ohne jede Spur von Geschlechtszellen,
sie werden demnach erst später differenziert. Man sieht also, dass die
Zeit der Abspaltung der Keimzellen verschiebbar ist, und dass sie je
nach den Umständen aus dem Beginn der Eifurchung bis in die Bil¬
dung der Keimblätter, oder des Embryo, oder bis in das freilebende
Bion, oder selbst bis in spätere Generationen von Bionten verschoben
wird, welche durch fortgesetzte Knospung aus jenem ersten hervor¬
gehen.
Wenn es sich nun darum handelt, ob die geschlechtliche Fort¬
pflanzung der Metazoen als Generationwechsel zu betrachten ist oder
nicht, so hängt die Entscheidung einfach daran, ob es das Metazoen-
bion ist, welches die Geschlechtszellen hervorbringt oder das befruch¬
tete Ei selbst. Im erstem Fall haben wir Generationswechsel, im
zweiten aber eine Kette von Protozoengenerationen mit angehängten
Metazoenbionten. Wenn man also nur eine rein formaie Entschei¬
dung sucht, so wird es sich darum handeln, zunächst zu bestimmen,
in welchem Moment der Embryonalgenese das Metazoon
beginnt. Das ist nun nicht bestimmt zu sagen, und ist auch gar
nicht überall gleich. Zum Begriff des Metazoons gehört nicht nur eine
durch Arbeitsteilung differenzierte Zellenkolonie, sondern auch die
Spaltung derselben in zwei Keimblätter. Der Moment der Keimblatt¬
bildung wäre also maßgebend. Nun sind aber in vielen Fällen schon
die zwei ersten Furchungskugeln in dem Sinne differenziert, dass aus
der einen das äußere, aus der andern das innere Keimblatt hervor¬
geht, und es fragt sich, ob man in diesen Fällen schon die beiden
ersten Furchungskugeln als Metazoon gelten lassen will. In vielen
andern Fällen beginnt die Differenzierung des Keimblättermaterials
erst viel später in der Embryonalgenese. Immerhin würde man mit