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Fr. Goltz:
einem in die Finger. Hält man ihnen die Peitsche unbewegt vor,
so verrathen sie keine Furcht, verkriechen sich aber, wenn man
die Peitsche lebhaft bewegt und knallt. Beim Gange vermeiden
sie alle Hindernisse, auch solche von geringer Breite. Gegen eine
dünne quer ausgespannte Schnur, welche von gesunden Hunden
sofort gesehen wird, laufen sie an. Bei allen diesen Thieren lässt
sich eine Abstumpfung der Empfindung durch alle Proben, welche
wir kennen gelernt haben, nachweisen. Ihre Bewegungen sind
sehr lebhaft aber ungeschickt. Kein Muskel ist gelähmt oder auch
nur paretisch.
Ferner habe ich mehrere Monate nach der letzten Operation
einen Hund beobachten können, welchem Herr Dr. v. Mering
beiderseits den Schläfenlappen, also dasjenige Stück der grauen
Binde weggenommen hatte, welches Munk als Hörsphäre bezeichnet.
Das Thier war allerdings Schalleindrücken gegenüber stumpf aber
durchaus nicht taub. Daneben zeigte es deutliche Sehstörung und
Stumpfheit der Empfindung. Kurz, es verhielt sich durchaus ähn¬
lich wie ein Thier mit beiderseits vernichtetem Scheitellappen.
Einen Hund, welchem ich beiderseits eine grosse Zerstörung
des Hinterhauptlappens zugefügt hatte, konnte ich nur vierzig Tage
nach der letzten Operation beobachten. Dieses Thier hatte bis
zu seinem Tode eine hochgradige Sehstörung, war indess nicht
blind. Es hörte auf beliebige Hundenamen, fand sich aber nicht
zurecht, um zu dem Kufenden zu gelangen. Die Intelligenz war
beträchtlich vermindert. Eine Abstumpfung der Empfindung, die
in der ersten Zeit nach der Operation deutlich merkbar war, konnte
kurz vor dem Tode des Thieres nicht mehr nachgewiesen werden.
Bewegungsstörungen waren durchaus nicht vorhanden.
Alle diese Tliiere, sie mochten die doppelseitige Operation
am Scheitel-, Schläfen- oder Hinterhauptslappen erfahren haben,
reagirten nicht mehr in normaler Weise auf gewisse Geruchsein¬
drücke. Sie äusserten, wenn ihnen der Chloroformapparat vorge¬
halten ward, nicht den Widerwillen, den ein normaler oder nur
einseitig operirter Hund äussert.
Endlich will ich noch kurz erwähnen, dass Herr Dr. Mool-
man in meinem Laboratorium Versuche angestellt hat über die
Folgen einer Zerstörung des Stirnlappens. Ich kann mich hier
auf die Angabe beschränken, dass die dauernden Störungen nach
dieser Operation weit geringfügiger sind als die nach Eingriffen