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Prof. Fr. G oit z :
durchtrennen kann, so könnte man den Verdacht aussprechen, die
oben genannten Gleichgewichtsstörungen seien abhängig von der un¬
vermeidlichen Beschädigung des Gehirns. Um mich vor dieser
Fehlerquelle zu sichern, beschloss ich, die Hörnerven ausserhalb der
Schädelhöhle zu durchschneiden oder deren peripherische Endaus¬
breitungen im Gehörorgan selbst zu zerstören. Auf verschiedene
Weise habe ich diesen Zweck erreicht. Beim Frosch lässt sich der
Schädeltheil, welcher das Gehörorgan enthält, ohne Schwierigkeit
von der Kapsel, welche das Gehirn einschliesst, abtrennen. Ich habe
diese Abtrennung in einigen Fällen mittelst einer feinen Stichsäge,
in andern Fällen durch einen scharfen Meissei bewirkt. Am wenig¬
sten verwundend und frei von störender Erschütterung ist das fol¬
gende Verfahren : Ich lege zunächst durch gekreuzte Haut¬
schnitte die Felsenbeine beiderseits bloss und schäle sodann mit
Hülfe eines feinen und sehr scharfen Hohl meisseis die Masse des
Knochens soweit heraus, dass das Gehörorgan vollständig vernich¬
tet wird.
Die Folgen der Operation waren bei allen Verfahren dieselben.
Das Thier springt losgelassen davon, aber der Sprung ist ungeschickt.
Meist schnellt es sich fast senkrecht in die Höhe, stürzt nachher
auf die Seite oder den Bücken und dreht sich wiederholt um seine
Achse oder macht Reitbahnbewegungen. Nach einiger Zeit besänf¬
tigen sich die ebenso stürmischen wie zweckwidrigen Bewegungen
und das Thier sitzt ruhig da. In manchen Fällen unterscheidet sich
dann seine Haltung nicht von der eines unversehrten Frosches. Meistens
aber wird der Kopf ein wenig schief gehalten, so dass der Abstand
beider Augen vom Erdboden verschieden ist. Macht man jetzt mit
dem Thiere die Versuche über Erhaltung des Gleichgewichts, so
ergibt es sich, dass dasselbe ebenso wenig Geschick hat, das Gleich¬
gewicht zu behaupten, wie ein Frosch, dem man die Hörnerven in
der Schädelhöhle durchschnitt. Viele von den so operirten Thieren
sterben schon wenige Tage nach dem Eingriff. Manche gelingt es
längere Zeit am Leben zu erhalten, und diese gewinnen auch nach
vollständiger Vernarbung der Wunden nie wieder die frühere Fähig¬
keit, das Gleichgewicht zu behaupten.
Diese Versuche lehren, dass die Zerstörung des Gehörorgans
auf beiden Seiten ganz in derselben Weise die Erhaltung des Gleich¬
gewichts beeinträchtigt, wie Durchschneidung der betreffenden Ner¬
ven. Erwähnt sei noch, dass, wenn ich die genannte Operation nur