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V. Henriques und S. P. L. Sorensen,
üblichen Aminosäuren, in einer Lösung vorhanden ist, zerfällt
in zwei Teile:
Erstens die Neutralisation der Lösung, womit be¬
zweckt wird, die Lösung in dem Sinne neutral zu machen,
daß gleich viele saure und basische Gruppen anwesend sind,
und zweitens die eigentliche Formoltitrierung, wodurch
die Ammoniak- und Aminogruppen durch Formol neutralisiert
werden, sodaß eine äquivalente Säuremenge frei wird und
titrimetrisch bestimmt werden kann. Es ist hier die Rede von
zwei ganz verschiedenen titrimetrischen Operationen, von
welchen jede eben den für das bezweckte Ziel geeigneten
Indikator erfordert. Bei der Neutralisation der Lösung bedingen
die anwesenden schwach basischen Ammoniak- und Amino¬
gruppen die Anwendung eines Indikators, welcher bei der
eigentlichen Formoltitrierung, wobei es sich um eine Neutra¬
lisation schwach saurer Gruppen handelt, oft ganz unbrauchbar
sein wird. Im folgenden werden wir durch einige experimentelle
Data klarlegen, daß die hier angeführten, auf einfachen theo¬
retischen Schlußfolgerungen fußenden Betrachtungen mit den
Versuchsergebnissen im Einklang stehen. Wir werden erst die
eigentliche Formoltitrierung und dann die Neutralisation der
Lösung besprechen.
Die eigentliche Formoltitrierung. In seiner Haupt¬
abhandlung1) über die Formoltitrierung hat Sörensen stark
hervorgehoben, daß die durch die Einwirkung von Formol
auf eine Aminosäure, z. B. Alanin, sich vollziehende chemische
Umsetzung :
ï* CH,
CH NH, + HCOH .= CH • N : CH, -f H,0
COOH 4- NaOH COONa + H,0
reziprok ist und daß der sehließliche Gleichgewichtszustand
nicht nur von der Formol- und Wassermenge, sondern auch
von der WasserstofTionenkonzentration der Lösung abhängig
ist. Um die Formoltitrierung möglichst quantitativ durchführen,
d. h. um eine möglichst vollständige Umsetzung von links nach
') Biochemische Zeitschrift, Bd. VII, S. 45 (1907).