306 v. Wittich, Physiol, d. Aufsaugung etc. 4. Cap. Chylus und Lymphe.
gemacht. Tomsa1 hat auf die isolirte Gewinnung der Hodenlymphe,
Paschutin und Emmixghaus auf die der hinteren und vorderen Ex
tremitäten (Hund) aufmerksam gemacht, mit Ausschluss der letzteren
bieten aber so z. B. die Hodenlymphe ein zu geringes Material, um
eine quantitative Untersuchung anstellen zu können. Von der Arm-
lind Beinlymphe ist aber doch auch nur mit einer gewissen Vorsicht
anzunehmen, dass wir nur die von den Muskeln dieser Extremitäten
abfliessende Lymphe aufsammeln. Haut und die in ihr gelagerten
Drüsen geben auch noch Material her, und \yenn dieses auch der
Menge nach gering sein mag, so wissen wir erstens fast gar Nichts
über die relative Menge und wissen vor Allem nicht, ob die An¬
regung zur Thätigkeit derselben mit in den Versuch hineinfällt, also
eine exacte Beantwortung der Frage wesentlich beeinträchtigt wird.
Zur Contrôle unserer Darstellung werden wir noch weiter ab¬
gehen müssen, nicht die von einem Theile oder Organe abfliessende
Lymphe, sondern die in den Geweben vertheilte ist zu untersuchen
und hinsichtlich ihrer Zusammensetzung zu prüfen, oder man muss
die abströmende Flüssigkeit bei absolutester Ruhe des Organes unter¬
suchen und sie hinsichtlich ihrer Zusammensetzung mit dem Blut¬
plasma vergleichen. Die erstere Probe ist wenigstens versucht, aber
doch auch nur auf indirectem Wege, indem man wenigstens die Gase
der Gewebe unmittelbar nach Tödtung des Thieres untersucht. Allein
auch dieses Verfahren verspricht nicht in vollem Umfange das er¬
wünschte Resultat; einmal berücksichtigt dasselbe nur den einen in
den Gewebsflüssigkeiten enthaltenen Körper, dann aber giebt sie uns
doch auch gleichzeitig den Gehalt des Gewebes selbst an den in
ihm sich vorfindenden Gasen, soweit derselbe unabhängig von der
Lymphe ist.
Auch die zweite Frage, die Zusammensetzung der Lymphe bei
möglichster Unthätigkeit der Organe, hat man zu beantworten ver¬
sucht, und allerdings Resultate gefunden, die wohl für die Richtig¬
keit unserer Darstellung zu sprechen scheinen. Man hat Thiere mit
Urari vergiftet, mit geringen wie mit grösseren Gaben, und dadurch
die Muskelbeweglichkeit der Thiere ausgeschlossen. Man hat hier¬
bei Steigerung der ausgeschiedenen Menge wie eine Steigerung seines
Procentgehaltes an festen Stoffen, vorwiegend der Eiweisssubstanzen,
beobachtet; wie sich die sogenannten Extractivstoffe hierbei verhal¬
ten, ist bis jetzt nicht festgestellt. Wenn wir nun hierbei auch nicht
absolut gleiche Werthe für Lymphe wie für Blutserum erhalten, da
1 Tomsa u. Ludwig , Die Lymphwege des Hodens. Sitzgsber. d. Wiener Acad.
Jnli 1661. — Ludwig, Jahrb. d. Ges. d. Aerzte in Wien 1863.