Protagon.
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seiner Zersetzung wenigstens noch ein dritter, bisher allerdings noch
nicht aufgefundener Körper entstehen, und zwar, wenn man annimmt,
dass der ganze Phosphorgehalt des Protagons als Lecithin austritt,
ein Körper, welcher kohlenstoffärmer und stickstoffreicher als das
Cerebrin (von Parcus) ist und vermuthlich zu dem Cholesterin in
naher Beziehung steht. Würde sich eine derartige Spaltung des Pro¬
tagons thatsäehlich nachweisen lassen, so wäre weiter zu vermuthen,
dass das Homocerebrin auf ähnliche Weise aus einem besonderen
protagonähnlichen Körper entsteht.
Die Eiweissstoffe des Gehirns sind noch wenig untersucht; Pe-
trowsky1 giebt an, dass der eine in Kochsalzlösung von mittlerer
Concentration löslich ist und aus dieser Lösung sowohl durch Ein¬
trägen von festem Chlornatrium, als auch durch Verdünnen mit Wasser
gefällt wird, mithin dem Myosin sich ähnlich verhält; in der grauen
Substanz fand er noch einen anderen, in Wasser löslichen, bei 75(>
gerinnenden Eiweisskörper, der anscheinend in der weissen Substanz
fehlte.
Eigenthiimliche Bestandtheile des Gehirns und der Nerven.
1. Pkosphot'haltige Substanzen.
Protagon.
0. Liebreich'2 stellte im Jahre 1864 aus mit Wasser und Aether
bei 0° möglichst von Cholesterin befreiter Gehirumasse durch Aus¬
ziehen mit 85°,o Weingeist bei 45° und Erkälten der Lösung auf 0°
einen phosphor- und stickstoffhaltigen kristallinischen Körper dar,
den er als Protagon bezeiehnete. Später wurde derselbe von Dia-
conow 1 und Hoppe-Seyler als ein Gemenge von Lecithin und Cere¬
brin betrachtet, weil das Protagon mit Barytwasser gekocht eine
cerebrinähnliche Substanz und ausserdem die Zersetzungsproduete
des Lecithins liefert, sowie weil der Phosphorgehalt des Protagons
beim Umkrystallisiren aus warmem Alkohol sinkt. In neuerer Zeit
haben Gamgee und Blaxkenhorn 1 die Versuche Liebreicii’s wieder
aufgenommen, und dessen Resultate fast durchgehends bestätigt; sie
haben sich namentlich überzeugt, dass 4—5 mal umkrystallisirtes
Protagon denselben Phosphorgehalt besitzt wie nur einmal umkry¬
stallisirtes, woraus sie schliessen, dass das Protagon nicht als ein
blosses Gemenge von Cerebrin und Lecithin zu betrachten ist.
1 Petrowski, Arch. f. d. ges. Physiologie. VII. S. 367.
2 0. Liebreich, Ann. d. Chemie u. Pharm. CXXXIV. S. 29.
3 Diaconocy, Med. Centralbl. 1S69. S. 97.
4 Gamgee u. Blankenhorn. Ztschr. f. physiol. Chemie. III. S. 260.
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