Entwicklungsgang der Absonderungslelire. Jon. Müller's Drüsenwerk. 7
schlossenen Drüsenräume, anf welchen die Blutgefässe ein Netz bil¬
den. Die Drüsen stellen in ihrem Innern eine im kleinsten Raume
construire grosse Oberfläche dar ; die diese bekleidende le¬
bendige Substanz ist es, welche die Secretion einleitet.
Von dem morphologischen Baue ist die Absonderung unabhängig,
denn secerniren können sowohl ebene Oberflächen, als Drüsen, welche
eine grosse innere secernirende Fläche darstellen, als Fortsätze und
zottenartige Bildungen, welche eine nach Aussen gestülpte abson¬
dernde Fläche bilden.
Die Verschiedenheit der Absonderung an verschiednen Orten
hängt nicht von mechanischen Ursachen ab, wie verschiedne Ge¬
schwindigkeit des Blutstromes in verschiednen Organen, verschiedne
Ausmaasse und Theilungswinkel der Gefässe, Verschiedenheit ihrer
Enden u. s. f. Alle diese mechanischen Erklärungsweisen lassen sich
durch die eine Frage widerlegen, wie es geschehe, dass hier Gehirn,
dort Muskeln, dort Knochen entstehen, und ob dies auch durch die
Verschiedenheit der Vertheilung und der Winkel der Blutgefässe be¬
dingt werde? Auch hängt die Verschiedenheit der Absonderung
nicht von der Verschiedenheit des Baues der Drüsen ab (M. meint
hier den gröberen morphologischen Bau), sondern sie ist allein be¬
dingt durch die Verschiedenheit der belebten Substanz, von welcher
die absondernden Canäle und Zellen bekleidet sind, und welche bei
verschiedner Gestaltung der Canäle dieselbe bleiben und bei gleicher
Gestaltung verschieden sein kann. Demgemäss beruht die Verschie¬
denheit der Absonderung auf denselben Ursachen, auf welche die
Verschiedenheit der Ernährung und der Bildung in den verschiednen
Organen sich stützt.
So weit Joh. Müller in seiner Monographie. Wer den heutigen
Stand der Absonderungslehre vorurtheilslos betrachtet und den Aus¬
druck „lebende Substanz“ durch „Zelle“ ersetzt, wird das Treffende
der letzteren Gedanken bewundern, die auch heute noch ihre Gel¬
tung haben.
IV. Der Einfluss der Scliwaim’schen Zellenlehre auf die
Vorstellungen von den Absonderungsorganen.
In der nächsten Zeit, etwa zwei Jahrzehnte umfassend, waren
es besonders zwei wissenschaftliche Funde, welche auf die Abson-
derungslehre einen Einfluss ausüben mussten: die Begründung der
Zellenlehre durch Schwann und die experimentelle Anbahnung der
Lehre von der Membrandiffusion durch Dutrochet.