J
334 Heidenhain, Physiol, cl. Absonderungsvorgänge. 6. Abschn. Harnabsonderung.
Blutbahn von Seiten des Verdauungstractus constant zum Ausdrucke
gelangen. Trotz reichlicher und plötzlicher Zufuhr nimmt im Laufe
der nächsten 24 Stunden die Menge des Urins gar nicht oder doch
nur ganz unerheblich zu. “
Uebereinstimmend hat neuerdings J. Pawlow 1 gezeigt, dass,
wenn vom Magen aus sehr grosse Flüssigkeitsmengen resorbirt sind,
wobei die Harnabsonderung sich erheblich verstärkt, der Blutdruck
keineswegs steigt, sondern sogar eher sinkt.
Es ist also nicht die Vermehrung des Blutvolumens mit ihren
mechanischen Folgen, welche bei Wasserzufuhr zum Blute die
Steigerung der Nierenabsonderung herbeiführt.
Zur Deutung derselben hat man ferner auf physikalische Er¬
fahrungen znrüekgegriffen, nach welchen bei Filtration von Flüssig¬
keiten durch thierische Membranen die Filtrationsmenge bei gleichem
Drucke wächst, wenn die Concentration sinkt.
So sah Weickart1 2 durch Kalbsblase in derselben Zeit, in welcher
100 Vol. Wasser filtrirten, bei gleichem Drucke (5—9" Quecksilber) und
gleicher Temperatur hindurchgehen
Von einer Lösung von
Bei einem Gehalte
von 2% 1 von 4° o
Köhlens. Kali....
99,69
75,16
Köhlens. Natron . . .
88,42
76,31
Chlorkalium . . . '.
72,72
56,36
Schwefels. Natron . .
68,33
44,44
Harnstoff.....
93,50
89,61
Zucker......
90.37
68.04
u. s. f.
Allein dieses durch Versuche mit todten thierischen Membranen
ermittelte Gesetz hat mindestens keine Allgemeingültigkeit für die
Capillarmembranen des thierischen Organismus. Denn nach den
schönen Versuchen von Cohnheim und Liciitheim3 beobachtet man
bei Thieren, deren Blut durch massenhafte Einführung einprocen-
tiger Kochsalzlösung in solchem Grade verdünnt wird, dass sein
Gehalt an festen Theilen bis gegen 11 Qo heruntersinkt, nur an ge¬
wissen Orten vermehrten Wasseraustritt durch die Capillarwände, an
anderen dagegen keine Spur gesteigerter Flüssigkeitsausscheidung.
Während z. B. in dem Bindegewebe der Darm- und Magenschleim-
1 J. Pawlow, Arch. f. d. ges. Physiol. XX. S. 215. 222. 1879.
2 Weickart, Arch. d. Heük. I860. S. 69. Vgl. auch AV. Schmidt, Ann. d. Physik.
XCIX. 1856.
3 Cohnheim & Lichtheim, Arch. f. pathol. Anat. LX1X. S. 114. 1877.