152 Heidenhain. Physiologie der Ahsonderungsvorgänge. 2. Abschn. Der Hagen.
hat Maly 1 neuerdings eine andre Vorstellung zu setzen gesucht, nach
welcher es sich bei dem Auftreten der Salzsäure in dem Secrete nicht
sowohl um Entstehung derselben durch den Act der Absonderung, als um
Ausscheidung bereits präformirter Salzsäure aus dem Blute durch Diffu¬
sion handeln soll. Maly weist in sehr interessanter Weise nach, dass in
dem Blute Bedingungen gegeben sind, um kleine Mengen Salzsäure aus
den Chloriden desselben frei zu machen. Denn neben CIN a ist im Blute
POA\(r2 3 und, da dasselbe freie Kohlensäure enthält, auch PO4 "}tl vor-
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handen. Die Beobachtungen Maly’s liefern den Beweis, dass beide Phos¬
phate, selbst das in seinen Lösungen alkalisch reagirende Dinatrium-
phosphat, aus dem Chlornatrium kleine Mengen Salzsäure abscheiden.
Die letztere Säure besitzt nun aber ein hohes Diffusionsvermögen und
so scheint Maly die Annahme nicht zu gewagt, dass die Magendrüsen
einen Diffusionsapparat darstellen, aus welchem die freie Salzsäure des
Blutes abdiffundirt. So verlockend diese Darstellung, weil sie an Stelle
hypothetischer Vorgänge klare physikalische Begriffe zu setzen trachtet,
so stösst ihre Durchführung auf zahlreiche Schwierigkeiten, die ebenfalls
nur durch Hypothesen zu lösen sind* es ist u. A. kein Grund abzusehen,
weshalb nicht alle Secrete sauer reagiren sollten, wenn es sich nur um
das Abdiffundiren im Blute präformirter Salzsäure durch die Drüsen¬
membranen handelte. Deshalb habe ich es vorläufig nicht für zweck¬
mässig gehalten, sie in den Vordergrund zu stellen. Die neuesten Mit¬
theilungen von v. d. Velden2 sprechen übrigens fast mit Sicherheit dafür,
dass die Salzsäure nicht die primäre freie Säure des Magensaftes ist.
Denn er fand in der ersten Verdauungszeit beim Menschen, trotz stark
saurer Reaction des Mageninhaltes, in demselben keine freie Salzsäure,
welche auch Edinger 3 in dem sauren Magensecrete mit Fibrin gefütterter
Frösche vermisste.
Y. Das Labferment.
In der voraufgehenden Darstellung der Magenabsonderung sind
als Producte der Drüsenthätigkeit bisher nur das Pepsin und die
freie Säure besprochen worden. Die Magenschleimhaut bildet aber
bekanntlich noch zwei andre Fermente: ein Milchsäureferment und
das Casein coagulirende Labferment.
Beider geschieht hier wesentlich im Interesse der Vollständig¬
keit Erwähnung, denn über ihren Bildungs- und Ausscheidungsmodus
ist bisher sehr wenig bekannt, Der Gehalt der Schleimhaut an Lab¬
ferment geht nach Grützner 4 in den versehiednen Verdauungssta-
1 Maly, Hoppe-Seyler’s Ztsckr. f. physiol. Chemie I. S. 174. 1877—1S7S.
2 v. d. Velden, Ebendalll. S. 205. 1879. — Arch. f.klin. Med. XXV. S. 100. IS79.
3 Edinger, Arch. f. microsc. Anat. XVII. S. 198. 1879.
4 Grützner, Arch. f. d. ges. Physiol. XVI. S. 117. 1878.