300 Fick, Spec. Bewegungslehre. 6. Cap. Statische Momente der Muskelkräfte etc.
Körper frei herabhängend und lege durch den Drehpunkt eine Rich¬
tung vertikal, die zweite horizontal, der Medianebene des Körpers
parallel, die dritte ebenfalls horizontal auf die Medianebene senk¬
recht. Diese drei Richtungen mögen zugleich immer als Koordina¬
tenrichtungen gebraucht werden. Es sind dieselben Richtungen,
welche schon früher (S. 261) zur Beschreibung der Stellungsänderung
der Gelenke benutzt worden sind. Die Komponente des Momentes
eines Muskels um die sagittale Richtung wird man alsdann im Sinne
der anatomischen Benennungsweise als das adduktorisehe resp. ab-
duktorische Moment des Muskels bezeichnen können, die Komponente
um die frontale Richtung als das flexorische resp. extensorische und
die um die vertikale Richtung als das rotatorische Moment nach
aussen resp. nach innen. Wenn ein gewisser Muskel nach der
Schätzung mit dem Augenmaasse von der Anatomie richtig be¬
zeichnet ist als Flexor mit der Nebenwirkung, etwas zu abduciren
und ein wenig nach aussen zn rotiren, so wird die auf genaue Mes¬
sungen gegründete Berechnung der Momentkomponenten heraussteilen,
dass die Komponente um die sagittale Richtung die grösste, das Mo¬
ment um die frontale Richtung kleiner und das um die vertikale am
kleinsten ist. Die Momentkomponenten haben auch eine wirklich
physische Bedeutung. Die Komponente bezüglich einer bestimmten
Axenrichtung würde nämlich das Moment des Muskels schlechthin
sein, wenn durch irgend eine Veranstaltung das Gelenk für einen
Augenblick in ein zwangläufiges verwandelt wäre, welches nur um
die betreffende Axenrichtung Drehung gestattete.
Bei der in Rede stehenden Angabe des statischen Momentes
eines Muskels durch drei Komponenten muss natürlich noch in be¬
quemer Weise bezeichnet werden, in welchem Sinne jede Komponente
das Glied um die Axenrichtung dreht. Zu diesem Ende müssen in
jeder der drei Axenrichtungen die beiden Halbaxen durch ein Zei¬
chen unterschieden werden, z. B. in der sagittalen Richtung die
Halbaxe vom Drehpunkt nach vorn und die Halbaxe nach hinten
u. s. w. Am bequemsten geschieht dies durch die algebraischen Vor¬
zeichen -f- und —, von welchen man eines jeder Momentskomponente
vorzusetzen hat. Dann ist durch die drei Komponenten der Muskel
statisch vollständig charakterisirt.
Die drei Komponenten des Momentes eines Muskels um drei
willkürlich gewählte Axen kann man auch durch direkte Versuche
an einem Gelenkpräparate bestimmen und diese Bestimmungsweise
hat vor der durch Berechnung auf Grund von Koordinatenmessungen
der Ursprünge und Ansätze der Muskeln manche Vorzüge. Besonders