348 Engelmann, Protoplasma- u. Flimmerbewegung. 1. Cap. DieProtoplasmabew.
sion in einem Schlauche. Nicht selten auch zeigen die Körnchen
unregelmässig zitternde und tanzende Bewegungen anscheinend ganz
derselben Art, wie sie kleinsten in dünnen Flüssigkeiten schweben¬
den Theilchen eigen ist (BroWischer Molekularbewegung). So z. B.
im Endoplasma von Vorticellinen, im Innern vieler Myxomyceten, im
Protoplasma vieler Pflanzenzellen. Besondere mit Flüssigkeit gefüllte
Vakuolen innerhalb des Plasma, in welchen die Bewegungen etwa
stattfänden, sind dabei keineswegs immer oder auch nur häufig zu
entdecken. Es scheint vielmehr das ganze Plasma an jenen Stellen
nahezu die Cohäsion einer dünnen Flüssigkeit zu haben. — An der
Oberfläche sehr dünner Protoplasmafäden (viele Pflanzenzellen, Pseu¬
dopodien der Rhizopoden z. B.) ist auch die Beweglichkeit der
Körnchen meist viel grösser wie in der mehr hyalinen Axe. Auch
fliessen solche Fäden wie gewöhnliche Schleimfäden sehr leicht unter
„Schwimmhautbildung“ zusammen, was von hyaliner Rindenschicht
umgebene Protoplasmamassen nicht leicht thun.
Dass übrigens das Zusammenfliessen nicht oder doch nicht immer
bloss vom vorherigen Cohäsionsgrad der Substanz abhängt, folgt aus der
höchst beachtenswerten Thatsache, dass Pseudopodien verschiedener
Rhizopodenindividuen 1 sowie Ausläufer speeifisch verschiedener Plas¬
modien 2 niemals mit einander verschmelzen.
Ohne Zweifel werden die angeführten Cohäsionsunterschiede we¬
sentlich von Unterschieden im Gehalt an Imbibitionswasser bedingt,
wie schon der der Cohäsion gleichsinnig variirende Brechungsindex
lehrt. Auch können sie künstlich unter entsprechenden Aenderungen
des Volums und Lichtbrechungsvermögens durch Quellung und Schrum¬
pfung machende Mittel hervorgerufen werden (s. unten). Es kommt
ferner gerade im leichtbeweglichen, körnerreichen Protoplasma oft
zur Ausscheidung von Flüssigkeit in Form kleiner Tropfen: Vakuo¬
lenbildung. Das Plasma kann infolge davon ein schaumiges An¬
sehen erhalten. In ruhenden Protoplasmapartien ist die Form dieser
Vakuolen meist rein kuglig; bei den Bewegungen kann sie mannich-
fach verzogen werden, strebt aber immer zur Kugelgestalt zurück.
Dasselbe gilt von der Form der Gasblasen3, die in einigen
Fällen (Arcella, Amoeba) im Protoplasma beobachtet worden sind.
1 Max Schvltze, Das Protoplasma der Rhizopoden und der Pflanzenzellen S. 25.
2 Cienkowsky , Zur EntwickelungsgescliicMe der Myxomyceten. Jahrb. f. wis-
sensch. Bot. IR. S. 335. 1863 ; de Bary, Die Mycetozoen. 2. Aufl. S. 40.1864.
3 Th. W. Engelmann, Beiträge z. Physiol, d. Protoplasma. Arch. f. d. ges. Phy¬
siol. II. S. 307. 1869; Zool. Anzeiger I. S. 152. 1878.