Physikalische und chemische Eigenschaften.
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nackten amöboiden Protoplasmen ist meist die oberflächliche Schicht
fester als das Innere, kann sogar, dauernd oder vorübergehend, zu
einer ziemlich festen Membran werden. Für gewöhnlich fehlt eine
solche jedoch, da an jeder beliebigen Stelle der Körperoberfläche
feste Körper aufgenommen werden können, wie Fütterung mit Farb¬
stoffkörnchen (Indigo, Karmin u. s. w.) in jedem Falle leicht zu be¬
obachten g'estattet.1 — In vielen Fällen ist das Innere fester, die
oberflächliche Schicht sehr weich, oft klebrig (Pseudopodien vieler
Rhizopoden, Actinospkaerium u. a.).
Fast ausnahmslos birgt das Protoplasma Einschlüsse, welche bei
den Bewegungen eine passive Rolle spielen. Abgesehen von zufäl¬
ligen Vorkommnissen, wie von aussen aufgenommenen festen Körpern,
sowie von Kerngebilden, sind es namentlich Körnchen und Vakuolen,
meist von äusserst geringer Grösse. Die Körnchen können in sehr
grosser Zahl, aber auch sehr sparsam Vorkommen. Die meisten
scheinen albuminoider, andere fettiger, wieder andere anorganischer
Natur (kohlensaurer Kalk z. B. bei einigen Myxoplasmodien) zu sein.
Selten sind Farbstoffkörnchen (manche Myxomyceten, Protamoeba
aurantiaca etc.).
Sehr häufig finden sich die Körnchen ausschliesslich im Innern
des Protoplasma. Man unterscheidet dann eine, oft ziemlich dicke
glashelle körnerfreie Rindenschicht oder Hautschicht und eine körnige
und deswegen trübe Innenmasse (besonders deutlich bei Amöben und
Myxoplasmodien). Beide können zeitweise sehr scharf von einander
abgegrenzt erscheinen, sie pflegen sich jedoch während der Bewe¬
gungen beständig zu vermischen und wieder zu trennen.
Wo körnchenhaltiges Protoplasma sich zu sehr dünnen Fäden
gestaltet (Pseudopodien der Rhizopoden, Radiolarien u. s. w., Faden¬
netz von Noctiluca, viele Pflanzenzellen), ragen die Körnchen oft über
die Oberfläche hervor. Ja sie kommen dann nicht selten Vorzugs-
weise in der oberflächlichen Schicht vor. Auch Fremdkörper bleiben
leicht an der Oberfläche nackter Protoplasmen kleben und können
dann in derselben Weise wie die eigenen Körnchen fortbewegt wer¬
den (Rhizopoden, Oscillarien, Diatomeen u. s. f.).
Die sehr körnerreichen Partien des Protoplasma scheinen im
Allgemeinen eine geringere Cohäsion als die körnerfreien zu besitzen.
So strömt das körnerreiche Innere der Myxoplasmodien und Amöben
oft innerhalb der festeren Rindenschicht wie eine dünnflüssige Emul-
1 E. Haeckel. Die Radiolarien S. 104—106; v. Recklinghausen, Arch. f. pa-
thol. Anat. XXVIII. S. 184: W. Preyer, ibid. XXX. S. 420; M. Schultze. Arch. f.
microscop. Anat. I. S. 23.