Die künstliche Nachbildung der Laute.
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in Anspruch nimmt, um in der gegebenen Zeit bis zum nächsten Arsen¬
gipfel noch die beiden Kürzen des Daktylus (zum Ge) zwanglos spre¬
chen zu lassen. Verkürzt man aber die Länge des Daktylus, indem für
Tragt’s, Geht setzt (No. 2) oder seine Kürzen, indem man zum Ge
durch in die ersetzt, so wird der Hexameter bei weitem besser.
Anhang znm achten Capitel.
Die künstliche Nachbildung der Laute.
Die Sprechmaschilien und der Phonograph.
Bekanntlich war es der geistvolle Kempelen, dessen technischer Ge¬
wandtheit, Geduld und Beobachtungstalent wir eine Sprechmaschire ver¬
danken. Dieselbe leistete, obwohl in gewissen Beziehungen primitiv, doch
Vortreffliches und sprach zusammengesetzte Worte und Sätze deutlich und
gut aus. Sie ist bekanntlich später von Faber1 verbessert worden und
hat unter dem Namen „FABER’sche Sprechmaschine“ vielfach die Reise
durch die grösseren Städte Deutschlands gemacht.
Da ich eine genaue Beschreibung, resp. Einsicht in den Bau dieser
verbesserten Maschine bisher nicht erlangen konnte, so begnüge ich mich
in ganz kurzen Zügen — denjenigen, der sich genauere Belehrung über
diese Angelegenheit verschaffen will, auf das unübertreffliche Buch von
Kempelen verweisend — eine Beschreibung der Apparate zu geben, die
Kempelen für die Nachahmung der Sprachlaute erfunden und angewen¬
det hat.
Als Stimme diente ihm eine aufschlagende Zunge, deren Klang durch
untergelegtes Leder milder gemacht war; sie wurde vermittelst eines
Blasebalges angeblasen. Für die Vocale verwendete er, wie bereits
Seite 171 auseinandergesetzt, entweder zwei halbkuglige Hohlschalen,
die durch ein Charnier gegeneinander beweglich waren, oder später (und
dann ausschliesslich) einen trichterähnlichen Ansatz aus Gummi. Je nach¬
dem er den Hohlraum des Trichters durch Einführung der Hand ver¬
kleinerte, erhielt er E und J, oder durch Vorhalten der hohlen Hand
verlängerte und seine Oeffnung verringerte, 0 und U.
Die Lippenlaute P und B wurden durch rasche Entfernung der den
elastischen „ Mund“ zusammendrückenden Hand erzeugt, nachdem in den¬
selben vorher entweder ohne Stimme (und dann durch einen besonderen
kleinen Blasebalg), oder mit Stimme Luft eingepresst war. Das M wurde
erhalten, indem er die Stimme nicht zum „Munde“, sondern vielmehr zu
zwei Nebenöffnungen („der Nase“) heraustreten liess, die in eine ver¬
einigt in den hinteren Theil des Mundes einmündeten; das F und V, in¬
dem er die Luft durch eine passende Enge trieb, oder sie einfach durch
die Fugen der verschiedenen Ansatzstücke, wenn sonst alles geschlossen
1 Eine höchst interessante Schilderung der Geschichte dieser Maschine findet
sich ausser bei Kempelen im Kadmus von F. H. du Bois-Reymond. S. 129. Berlin
1862.