396 IDENTITÄT DER NATÜRL. PROTEINFLÜSSIGKEITEN UND DER GLOBULINLÖSUNGEN.
koehtem Serum weder von Galläpfelaufguss noch von Bleiacetat gefällt wird, be¬
weise noch nicht, dass es keine Protemsubstanz enthält, und dass auch die Ungerinn¬
barkeit in der Wärme kein Beweis für das Nichtverhandensein von Protein sei, da
bei Gegenwart von Alkali auch Eiweiss in der Wärme nicht gerinne *). Hünefeld
bemerkte, dass ein wässeriger Aufguss verriebener Linsen des Auges beim Eindampfen
ebenfalls in einen gallertartigen Zustand übergehe (bl p. 98).
In enger Verknüpfung mit diesen Tatsachen stehen auch Nasse’s Beobachtun¬
gen, nach welchen das Protein sich aus dem Serum beim Kochen nur deshalb in
geringer Menge aussclieide, weil ein grosser Teil desselben mit einem Alkali verbunden
sei: zur Ausfällung dieses Teils müsse die Flüssigkeit mit Essigsäure angesäuert und
aufs neue gekocht werden (89 p. 157). Dreimalige Fällung aus defibrinirten Blut
führte Ludwig aus: zuerst wurde dieses einfach gekocht, dann wurde das Filtrat
neutralirt und wieder gekocht. Das neue Filtrat schied, mit 4—5 Vol. 85° Wein¬
geist vermischt, wiederum einen Niederschlag aus. Dollfus V Verdeil (21 p. 658)
wärmten defibrinirtes Blut, nachdem es mit Wasser verdünnt worden war, auf dem
Wasserbade, bis es gerann, engten das Filtrat bis zu syrupähnlicher Konsistenz ein
und fällten es dann mit Alkohol. Den Niederschlag sahen sie für einen Teil des
nicht vollständig geronnenen Proteins des Serums an. Morin glaubte, wie wir schon
oben erwähnt (VW 93—100 p. 392), diese sukzessive Fällung durch die Lehre erklären
zu können, nach welcher ein Teil des Proteins deshalb in Lösung bleibe, weil es mit
einer Base verbunden sei, wobei beim Einträgen einer Säure nur der eine Teil
desselben, beim Kochen auch der andre ausfalle. Auch Scherer (99 p. 321) be¬
wirkte Gerinnung des Blutes, indem er es in siedendes Wasser einfliessen liess; das
ganz klare Filtrat schied beim Abdampfen Häute aus, worauf die ganze Masse ein
gallertartiges Aussehen bekam. Zu derselben Zeit sagte auch Wittstein (116 p. 362)
aus, dass nicht nur durch blosses Kochen sondern auch durch Kochen nach voran¬
gegangener Neutralisation nicht alles Protein ausgefällt werden könne: ein wenn
auch nur ganz geringer Teil desselben bleibe in der Lösung zurück: zuerst falle
ein Teil, dann beim Kochen ein zweiter aus. Im Einklang damit stehen Limp-
richt’s Beobachtungen (79 p. 186), denen zufolge ein wässeriger Aufguss von
feingehackten Muskeln der Plötze (Leuciscus rutilus) nach dem Kochen noch eine
gewisse Menge Protemsubstanz enthält, beim Abdampfen erstarrt und mit Säuren
einen weissen Niederschlag ausscheidet, in welchem Limprecht die Eigenschaften
einer Säure erkannte, und den er deshalb ..Protsäure“ benannte.
Wir wollen hier nicht alles, was über die multiplen Fällungen des Globulins
der Milch bekannt ist, anführen, und verweisen den Leser auf die Geschichte des
Lactoglobins, aus welcher klar zu ersehen ist. dass ein Teil des Proteins bei der
Neutralisation und auch bei dem spontanen Sauerwerden der Milch, ein anderer,
kleinerer Teil beim Kochen derselben Flüssigkeit ausfällt, wonach durch Alkohol,
Metallsalze und andere stark wirkende Agentien auch das übrige Protein aus dem
Filtrat ausgeschieden wird. Wir führen jedoch Morin’s Angaben an, welcher, übri¬
gens gleich andern Autoren, zeigte, dass nach der Entfernung eines Teils des
Globulins (Casein) durch Neutralisation, ein anderer (Albumin) durch Kochen ent¬
fernt wird. Ungeachtet dieser zwei Fällungen, bleibe noch ein Teil in Gestalt eines
Alkalialbuminats zurück, da beim Abdampfen des Filtrats und nach der Entfernung
der krystallinischen Niederschläge die Flüssigkeit noch gallertartige Massen bildete,
welche Morin veranlassten ausser Globulin auch noch die Gegenwart von Glutin in
derselben anzunehmen (86 p. 428; VA? 68—74 p. 70).
*) Ebensowenig konnte das Nichtgerinnen des- das in Aetzkali aufgelöste Eiweiss auf diese Weise
selben in der Siedhitze als Eeweiss gelten, indem behandelt, auch nicht gerinnt (67 p. 252).