VERHALTEN DES GLOBULINS ZU DEN ALKALIEN.
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der Neutralisation des Alkali das Globulin schon bei Zimmertemperatur in den
schwerlöslichen Zustand überführen, während dies mit schwachen Alkalilösungen erst
nach mehr oder weniger langem Kochen beobachtet werde (ib. p. 545). Dasselbe
findet auch Schmidt (1874,129 p. 109): zur Ueberführung seines sog. „salzfreien
Albumins“ in diesen veränderten Zustand durch Kochen des dialysirten Serums
seien ganz minimale, „nicht mehr messbare Quantitäten“ Alkali notwendig; an¬
dererseits habe dieselbe Veränderung des Proteins bei Gegenwart concentrirter Al¬
kalilösungen bei gewöhnlicher Zimmertemperatur statt. Dabei würden bei der Neu¬
tralisation sowohl in Wasser als auch in Neutralsalzen unlösliche Niederschläge
erhalten; doch seien bei der Neutralisation mit Essigsäure diese Niederschläge in
einem unbedeutenden Ueberschuss derselben löslich (ib. p. 110). Im allgemeinen
findet Schmidt, dass diese Modification des „Albumins“, die er A 1 k a 1 i modifi¬
cation nennt, nur in concentrirter Essigsäure löslich sei. die durch Einwirkung
von Aeznatron erhaltenen Präparate dagegen bei Zimmertemperatur sich in Koch¬
salz lösen (ib. p. 111).
Im ganzen haben die Beobachtungen über den Einfluss der Temperatur auf
eine Alkalialbuminatlösung den Sinn, dass in Bezug auf die Löslichkeit in Salzen
des Niederschlags, welcher aus einer Alkalialbuminatlösung erhalten wird, gleich¬
viel, ob diese Lösung zuerst aufgekocht und dann neutralisirt oder der Nieder¬
schlag zuerst durch Neutralisation erhalten und dann schon gekocht wird, in bei¬
den Fällen ein und dasselbe in Mittelsalzen unlösliche Product entsteht, Avelches den
Charakter des coagulirten Proteias besitzt. Dem oben Dargelegten zufolge ist man
genötigt zwei Neutralisationsproducte des Alkalialbuminats anzuerkennen, je nach¬
dem die Alkalialbuminatlösung vorher durchgekocht worden war oder nicht. Wird
bei Zimmertemperatur gearbeitet, so entstehen im allgemeinen mit dem Charakter
des frischgefällten (jedoch nicht durchgekochten) Globulins ausgestattete Neutrali¬
sationsproducte. In diesem lezten Sinne erhielt Hammarsten Neutralisationsnieder¬
schläge auch aus Kalk albumin at: frischgefälltes und ausgewaschenes Casein schied
bei der Auflösung in Kalkwasser auch nach der Neutralisation mit Phosphorsäum
keinen Niederschlag aus (34 p. 155 —6).
Um diese Zeit erhielt auch der Ausdruck Alb uminat eine weitgehendere
Bedeutung, wie z. B. in dem Lehrbuche von Gorup-Besanez (1874, 31 p. 115). Ver¬
gleicht man S. 115 des Textes mit S. 854 des alphabetischen Verzeichnisses so
ersieht man deutlich, dass der Ausdruck „Albuminat“ mit den Benennungen „Ei¬
weisskörper“ und „Proteinkörper“ identificirt wird; vergleicht man weiter S. 860,
wo der Ausdruck „coagulirte Albuminate“ gebraucht ist, mit S. 115, so erweist
es sich, dass ein Albuminat (?!), wenn auch ein geronnenes (?) dem „coagulirten
Eiweiss“ gleichgestellt ist. Wie wir schon oben sagten, ist diese Verwechslung zum
Teil dadurch erklärlich, dass eine durchgekochte Alkalialbuminatlösung Neutralisa¬
tionsniederschläge ausscheidet, die mit dem Charakter des in der Wärme geron¬
nenen Globulins ausgestattet sind. Jedenfalls erhält dieser Ausdruck eine ganz falsche
Bedeutung, um so mehr als die Benennung „Alkalialbuminat“ sowie die Ausdrücke
„Kali- und Natronalbuminat“ sowohl für die Alkaliverbindungen des Proteins als
auch für die Neutralisationsniederschläge gebraucht werden (31 p. 124—5).
Noch mehr: etwas später, d. h. im Jahre 1876, erschien aus Hoppe-Seylers
Laboratorium eine Arbeit von Weyl (147 p. 635), in welcher der aus einer Lösung
durch Sättigung mit Kochsalz ausgeschiedene Niederschlag, welcher unter dem Ein¬
flüsse von Wasser die Fähigkeit, sich in Salzen zu lösen, eingebüsst hatte, Albu¬
minat (?!) und sogar Casein Q genannt wird und zwar nur deshalb, vreil dieser
4) „Das in NaCl gelöste und durch HsO ge- Wasser leicht in ein Albuminat (Casein) über“
fällte "Vitellin geht bei längerem Stehen unter (147 p. 635).