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VERHALTEN DES GLOBULINS ZU DEN ALKALIEN.
proteïnhaltigen Flüssigkeit bestehenden Gemenges durch Essigsäure den Process
des Uebergangs des Proteins in das Alkalialbuminat charakterisirt. Panum hatte
beobachtet, dass auf obige Weise bereitetes Hühnereiweiss sogleich, Blutserum unter
denselben Umständen aber erst nach vorherigem gelindem Erwärmen mit dem Alkali
von Essigsäure gefällt wurde (99 p. 25). Es ist nicht bekannt, welche Betrachtungen
diesem von Panum aufgestellten Unterschiede zu Grunde lagen, um so mehr als
er weder die quantitativen Verhältnisse noch den Einfluss der Wärme auf die pro¬
teïnhaltigen Flüssigkeiten überhaupt berücksichtigte. Wie schon bemerkt, wurden
schwache Lösungen weder durch Erwärmung noch durch gleichzeitige Einwirkung
von Essigsäure und Wärme gefällt (ib. p. 25). Panum liess ausser Acht, dass hier
zwei ganz von einander unabhängige Vorgänge statthatten: l-tens—Uebergang
in das Alkalialbuminat und 2-tens—Wirkung der Essigsäure. Das in Abhängigkeit
von den Mengenverhältnissen verschiedenartige Verhalten der Essigsäure zu den
Protemkörpern kann keineswegs als Anzeichen für die Bildung einer Alkaliverbin¬
dung angesehen werden. Bei der Einwirkung der Essigsäure auf die Alkalialbuminate
kann das Alkali von der Säure entweder vollständig gesättigt werden, oder ist
letztere in einer zur Sättigung überschüssigen oder ungenügenden Quantität vor¬
handen. Im ersteren Fall kann das sich bildende Salz sich dem Protein gegenüber
sehr verschiedenartig verhalten, im zweiten—wird dieses sowohl beim Ueberschuss
als bei dem Mangel an Säure gleich gut in Lösung erhalten. Zugleich sucht Panum
auch zwischen den durch Säuren in der Alkalialbuminatlösung bewirkten Nieder¬
schlägen und dem Globulin (seinem Serumcasein JV§JV° 48—60 p. 110) einen Unter¬
schied. Mit den Arbeiten seiner Vorgänger unbekannt, behauptet Panum, dass der
Neutralisationsniederschlag aus einer Natronalbuminatlösung zum Unterschied vom
Globulin in einem Ueberschuss der Essigsäure, welche zum Fällen gedient hatte,
schwerer löslich sei; Panum hält diese Reaction für den Neutralisationsniederschlag
des Alkalialbuminats für charakteristisch (1851, 98 p. 260). Noch mehr: er fand, dass
der Niederschlag aus einer Alkalialbuminatlösung sogar in einem bedeutenden Ueber¬
schuss von Essigsäure sich nicht löste (99 p. 26). Anscheinlich war das der einzige
Unterschied zwischen dem Globulin und dem durch eine Säure bewirkten Nieder-
sehlag, denn Panum erklärt diesen sowohl in kohlensaurem als in phosphorsaurem
Natron geradezu für löslich (ib. p. 168) *).
Im weiteren fand Panum, dass die Lösung eines durch Kochen von Blutserum
erhaltenen Niederschlags in sehr verdünntem Aetzkali bei 35° sich trübte und bei
4 5° von Kochsalz in Substanz gefällt wurde; 100 Teile der Lösung mit dem gleichen
Volum gesättigter Kochsalzlösung versetzt, gerannen schon bei 38°. Wurde, anstatt
Chlornatrium, Chlorammonium in analoger Lösung genommen, so zeigte sich Trü¬
bung bei 50° und erfolgte Flockenbildung bei 75°, wobei die Flocken bei starker
Verdünnung mit Wasser und beim Erwärmen sich auflösten. Abkühlung veränderte
diese Lösung nicht; Einträgen einer neuen Portion Chlorammonium bewirkte wie¬
derum Fällung; fand diese unter 50° statt, so löste sich der ausgeschiedene Nieder¬
schlag auch schon in kaltem Wasser auf, wobei Sättigung mit Chlorammonium die
Lösung aufs neue fällte. In Alkalialbuminat unter denselben Umständen übergeführtes
Hühnereiwess scheide, mit Chlorammonium versetzt, einen Niederschlag nach eini¬
gen Tagen aus. Im allgemeinen würden alkalische Lösungen bei Gegenwart von Mittel¬
salzen und beim Kochen gefällt, doch löse sich der Niederschlag nicht mehr (99 p. 446).
*) Im Originaltext ist im Satze: „wenn man aus wieder löst“—offenbar das Wort „Natron“ aus-
Natronalbuminat durch Essigsäure gefälltes Al- gelassen (99 p. 165).
bumin durch Phosphorsäure oder Kohlensäure