Litter aturbericht.
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Somit bleibt nach D. der Gesichtssinn als der einzige raumschaffende
Sinn übrig. Als der einzige, sage ich, der nicht-optische Eaumvor Stellungen
nicht einmal neben sich duldet. D. lehrt ausdrücklich, dafs, für uns
Sehende wenigstens, der Tastsinn überhaupt nicht im stände sei, räum¬
liche Perzeption zu vermitteln; sonst könnte ja die Raumvorstellung
nicht eine einheitliche und in sich homogene sein. Freilich ist an und
für sich die Raumauffassung als Produkt des Tastsinnes denkbar und
bei Blindgeborenen verwirklicht. Aber jene taktilen Raumvorstellungen
seien mit optischen absolut unvereinbar; sie könnten nicht nebeneinander
bestehen, sondern müfsten, wo sie zusammenträfen, sich gegenseitig be¬
kämpfen, bis die eine alleinherrschend geworden. Dieser Widerstreit sei
deutlich zu beobachten bei operierten Blindgeborenen einerseits, bei
später Erblindeten andererseits. — Auch die Tiefendimension und die
Bewegung wird nach D. auf rein optischem Wege wahrgenommen, wobei
der Verfasser freilich auch die Muskelempfindungen des Auges als
Bestandteile der „sensations visuelles“ ansieht! — Die Raum Vorstellung
ist nicht mit der Vorstellung der Ausdehnung erschöpft, vielmehr kommt
hierzu noch als notwendiger Faktor die Gestalt; und gerade auf die
Auffassung dieser bezieht sich die Heterogeneität optischer und taktiler
Raum Wahrnehmung. Dafs die Geometrie dennoch für Blinde und
Sehende gilt, wird damit erklärt, dafs sie nicht eine Wissenschaft der
Dinge, sondern eine Wissenschaft der Beziehungen sei. — Im letzten
Kapitel sucht sich D. mit der KANTschen Raumlehre auseinanderzusetzen.
W. Stern (Berlin).
James H. Htslop. Our Lokalization in Space. Psychol Rev. III.
S. 89—92. 1896.
C. L. Herrick. Suspension of the Spatial Consciousness. Ebenda III.
S. 191—193. 1896.
Einige Beobachtungen über die Orientierung beim Erwachen mitten
in einem Traum. Verfasser meint, dafs das Gesichtsbild der wirk¬
lichen Umgebung, wenigstens bei ihm selbst, zur Erkenntnis derselben
nötig sei. Blofse Tastwahrnehmungen verwirren zwar das Traumbild,
geben aber keine Klarheit. In einem anderen Falle, wo er sich wachend
über die Lage eines Ladens täuschte, löste sich diese Täuschung erst,
als er sich ihre Ursache (einen Laden gleicher Art in einer anderen
Stadt) visuell vorstellte.
Im Anschlufs an Hyslops Beobachtung teilt Herrick einen Fall
mit, wo er beim Erwachen lange über den Ort, an welchem er schlief,
im Unklaren war. Die Orientierung wurde hier ohne Hülfe des Gesichts¬
sinnes wiedererlangt. J. Cohn (Berlin).
Josiah Royce. Some Observations on the Anomalies of Self-Conscious¬
ness. Psychol. Rev. II. S. 433—457 u. 574—584. 1895.
Die Hauptabsicht dieser Arbeit ist, den sozialen Faktor als wesent¬
lich mafsgebend für das Selbstbewufstsein und seine Erkrankungen nach¬
zuweisen. Die hervortretenden Seiten des normalen Selbstbewufstseins