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Ö. Stumpf und M, Meytr*
also beide Töne zugleich alterirt wurden) solange, bis die Ver¬
stimmung bemerkt wurde; theilweise liefs er seine Personen auch
selbst durch Verschiebung den bezüglichen Punkt finden Er
benützte sowohl gleichzeitige als aufeinanderfolgende Töne.
Cornu und Mercamer1 2 liefsen grofse Terzen und Quinten
durch tüchtige Musiker auf verschiedenen Instrumenten so genau
als möglich angeben, sowohl mit gleichzeitigen als mit aufein¬
anderfolgenden Tönen, und stellten die Intonation auf mehr¬
fachem Wege physikalisch fest.
Pbeybr * operirte gleichfalls mit vorzüglichen Musikern. Als
Tonquelle dienten ihm die Metallzungen eines Appuxx'schen
„Tonmessers“, auf welchem, einunddasselbe Intervall in sehr
verschiedener Abstimmung vertreten ist Seine Beobachtungen
erstreckten sich auf die meisten Intervalle der kleinen Octave,
Der 'tiefere Ton wurde stets zuerst angegeben. Es sind, aber nur
wenig Beobachtungen über jedes Intervall gemacht worden; und
nur solche mit aufeinanderfolgenden Tönen.
Schiscbmanow 3 machte in Wundt's Laboratorium längere
Versuchsreihen über die Hauptintervalle mit Stimmgabeln der
eingestrichenen Octave, also nahezu einfachen Tönen. Es 'wurde
theils die tiefere, theils die höhere zuerst angegeben, aber nur
die tiefere war verstimmbar. Gleichzeitige Töne wurden nicht
angewandt. Als Versuchspersonen benützte Schiscbmanow nicht
blos einen Musikalischen (sich, selbst), sondern, auch einen musika¬
lisch gänzlich Ungeübten (Krestow). Ein Fachmusiker, der zu¬
erst auch betheiligt war, trat aus,4
1 Sur les intervalles musicaux. Compte» rendus de VAcademie des Sciences,
T. 68 (1869), S. 301 f., 424 f.
2 lieber die Grenzen der Ton Wahrnehmung, 1876, S. 38 f.
8 Untersuchungen Über die Empfindlichkeit des Intervalls!nnes. Wuhdt's
Philosoph. Studien V (1889), S, 5581 In der Abhandlung sind auch die Er¬
gebnisse von Untersuchungen mitveröffentlieht, welche Külpi und Pbiskeb
vorher nach gleicher Methode angestellt hatten, ohne ganz damit fertig iu
werden.
4 Eine ähnliche Erfahrung haben auch wir an einer Anzahl jüngerer
Fachmusiker machen müssen. Einer nach dem anderen blieb weg. Es
ging wie im Evangelium, mit den zum „grofsen Abendmahl1* Geladenen:
Der hatte ©inen Acker gekauft, Jener fünf Joch Ochsen und. mufste sie be¬
sehen, der Dritte hatte ein Weib genommen. Zur Entschuldigung mufs
man, aber sagen, dafs diese Versuche sehr anstrengend und — gelinde su
sprechen — nicht sehr kurzweilig' sind, während, ein grofses Abendmahl