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Helmut Hahn und Werner Lueg
Tier durch wenn auch nur mäfsige Unruhe spontane Galvanometeraus¬
schläge verursachte. Immerhin hätten uns auch hierbei durch Temperatur¬
reize verursachte Reflexausschläge nicht entgehen können, wenn sie analog
den Ergebnissen an Fröschen in typischer Weise erfolgt wären.
An uns selber prüften wir den Reflex, indem wir in be¬
quemer Lage auf einem Ruhebett von Zeige- und Mittelfinger
der rechten Hand ableiteten. Kneifen und Stiche riefen hierbei
prompt nach 2—5 Sekunden Latenz Galvanometerausschläge von
10—20 Skalenteilen hervor; ebenso die lebhafte Vorstellung mit
dem ganzen Körper plötzlich in kaltes Wasser getaucht zu werden.
Zur Temperaturreizung wurde der freie Unterarm bis zur Ellen¬
beuge abwechselnd in Wasser von 40° bzw. 15° getaucht. Trotz
der dadurch erzielten sehr kräftigen Temperaturempfindungen
traten mit bemerkenswerter Regelmäfsigkeit innerhalb jeweils
5 Minuten Beobachtungszeit keinerlei Reflexausschläge auf.
Ebensowenig hatte Aufsetzen eines grofsen Temperators von 6 cm
Bodendurchmesser (42 0 bzw. 15 °) auf die Stirnhaut das geringste
eindeutige Ergebnis.
e) Besprechung der Versuchsergebnisse
Nach den geschilderten Versuchen dient zum Zustande¬
kommen des galvanischen Hautreflexes nach Temperaturreizen
bei Fröschen eine in den meisten Einzelheiten gut verfolgbare
Nervenbahn. Die Reiztemperaturen versetzen als afferenten Teil
des Reflexbogens somatische Nerven in Erregung. Die Erregung
dieser Temperaturnerven teilt sich, vermutlich als übergeordnetem
Zentrum, der nervösen Substanz des Anfangsteiles des Rücken¬
markes mit, am wahrscheinlichsten der Medulla oblongata. Eine
Beziehung des Reflexbogens zum Grofshirn ist nicht nachweisbar.
Die weitere Fortleitung der Erregung zum Erfolgsorgan ver¬
mittelt der sympathische Grenzstrang. Mit diesen Feststellungen
betrachten wir die Identität der durch Temperaturreize verur¬
sachten Veränderungen der Hautpolarisation bei Fröschen mit
dem von Veraguth beschriebenen sogenannten psychogalvanischen
Reflexphänomen als erwiesen. Denn der von uns gefundene Re¬
flexbogen stimmt in den wichtigsten Punkten mit dem von
Schilf und Schuberth1 nachgewiesenen Verlauf der Nerven¬
erregung nach Schmerz- und anderen Nervenreizen überein.
1 E. Schilf und A. Schuberth, Pflügers Archiv 195, 78. 1922.