76 Walter Dieter
dön Helligkeitseindruck betrifft. Am verständlichsten werden
die Unterschiede des Deuteranomalen durch die Feststellung von
v. Kries, dafs in dem von ihm beobachteten Fall der spezifische
Reiz wert der roten Lichter, auf gr of sen Feldern bestimmt, auf
zwei Drittel, derjenige der grünen auf ein Drittel des Wertes
des anderen normal trichromatischen Auges herabgesetzt war.
Bei der Protanomalie, die Hegner beschrieb, waren die Ab¬
weichungen wohl ähnlich, d. h. entsprechend den Eigentümlich¬
keiten dieser Störung, doch sind quantitative Bestimmungen nicht
mitgeteilt worden.
Im täglichen Leben macht sich bei binokularem Sehen
in diesen Fällen die Störung nicht bemerkbar, weshalb die Be¬
treffenden vor der stets zufälligen Entdeckung keine Ahnung
von ihrer Abnormität haben, zumal sich bisher in allen einwand¬
freien Fällen nach weisen liefs, dafs das farbenblinde Auge auch
im allgemein funktionellen Sinne farbenschwach war, dafs
also der beidäugige Farbeneindruck etwa demjenigen des farben¬
tüchtigen Auges allein entspricht. Erst nach der Feststellung
lernen diese Farbenblinden durch daraufhingerichtete unokulare
Vergleichsbeobachtungen die Verschiedenheiten des Eindrucks
genauer zu beschreiben. (Doppelseitig Anomale wissen bekannt¬
lich dann, wenn sie an ihren Farbensinn irgendwelche besondere
Anforderungen stellen müssen und sich dabei mit normalen
Personen vergleichen, dafs sie diesen gegenüber unterlegen sind,
obwohl die Unterschiede — vor allem die geringere Sättigung
und Unterschiedlichkeit der Farben — für gewöhnlich verhältnis-
mäfsig gering sind.)
Aus theoretischen Gründen sind die Fälle von einseitig an¬
geborener Dichromasie in mancher Hinsicht noch interessanter
und wichtiger, und auch einfacher in der Charakterisierung.
Von v. Hippel sen. 1 2 und F. Holmgren 2 wurde derselbe Fall von
einseitiger Dichromasie, bei dem es sich mit grofser Wahrschein¬
lichkeit um eine Protanopie handelte, beschrieben, doch geben
beide Autoren das rote Ende des sichtbaren Spektrums ver¬
schieden an, und es bestehen auch Differenzen in der Bezeichnung
der Farbtöne, die diesem Dichromaten verblieben sind; die Emp¬
findung seines Gelb spielte vielleicht etwas ins Grünliche, die
1 A. v. Hippel, Gr. Â. f. Ophth. 26 (2), 176 und 27 (3), 47. 1881.
2 F. Holmgren, Zentralbl. f. d. mediz. Wissensch. 18, 913. 1880.