8
Carl Rosencrantz
typischen Dichromaten je eine fortlaufende Reihe von Übergangs-
formen führt. Nach der anderen Auffassung sondern sich die
di- und trichromatischen Farbensysteme in scharf getrennte
Typen ohne Zwischenformen. Seebeck1, Holmgren 2 3 und
• •
Magnus8 kamen zu der Annahme stetiger Ubergangsreihen
hauptsächlich auf Grund der mehr oder weniger grofsen Sicher¬
heit, mit der die damaligen Farbensinnproben von ihren Versuchs¬
personen bestanden wurden ; Donders 4 zog denselben Schluf&
besonders aus Massenuntersuchungen über die zur Farbenerkennung
notwendigen Minimal-Gesichtswinkel.
Bei König und Dieterici 5 7 (1886) nahm dann die Hypothese¬
bestimmtere Formen an; ihre Untersuchungen über den Verlauf
der Grundempfindungskurven im Spektrum (Eichkurven, Valenz¬
kurven) führten sie dazu, die damals allein genauer bekannte
• •
Gruppe der Deuteranomalen als Ubergangsglied zwischen den
normalen Trichromaten und den Deuteranopen aufzufassen. Sie
fanden, dafs die Grünkurve der Deuteranomalen nach Gestalt und
spektraler Lage zwischen der normalen Grün* und Rotkurve stand,
und haben daraufhin eine zuerst von Helmholtz 6 skizzierte, dann
von Fick 7 weiter ausgeführte Hypothese über die Veränderlichkeit
der Grundempfindungskurven in folgender etwas modifizierter
Form zur Erklärung herangezogen : bleibt die Qualität der Grund¬
empfindung Grün erhalten, wird die Gestalt und Lage ihrer Kurve
über dem Spektrum aber der von Rot immer ähnlicher, dann
entsteht das System der Grünanomalen ; ist die Grünkurve
schliefslich so weit verändert, dafs sie ganz auf die Rotkurve
fällt, so resultiert das dichromatische System der Deuteranopen.
Die analoge Deutung mit Verschiebung der Rotkurve diskutieren
1 A. Seebeck, Poggend. Annal, d. Phys. u. Chem. 42, 177. 1837.
2 Fr. Holmgren, Die Farbenblindheit in ihren Beziehungen zu der
Eisenbahn und Marine. Leipzig, Vogels Verlag. 1878.
3 H. Magnus, Die Farbenblindheit, ihr Wesen und ihre Bedeutung^
Breslau, I. U. Kern. 1878.
4 F. C. Donders, Graefes Arch. f. Ophthalm. 23, 282. 1877; 27, 64. 1881;
30, 77.
6 A. König und C. Dieterici, A. Königs „Gesammelte Abhandlungen
zur physiologischen Optik“. Leipzig, J. A. Barth. 1903. S. 84, 85; 102,
103, 105; 295, 318, 319.
6 A. v. Helmholtz, Handbuch der Physiologischen Optik. 1. Aufl.
Nachträge S. 848. 1866.
7 A. Fick, Verhandl. d. Phys.-med. Ges. z. Würzburg, N. F. 5, 158. 1873;
ferner Pflügers Arch. 47, 247. 1890; 64, 313. 1896, l: