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H. Freiling.
„sind“. Eben dieses Übergewicht wird die Vorstellung auch schon
in der hier betrachteten Entwicklungsphase immer zunehmend
gewinnen, die noch Wahrnehmungen von hohem Plastizitätsgrad
zeigt und dem Einheitstypus noch nahesteht; denn wegen der
Kontinuität aller Entwicklungsvorgänge kann sich das später
so entschiedene Übergewicht der Vorstellungsweit nur all¬
mählich ausbilden. In der Zeit, wo es sich ausbildet, und wo
zugleich die Wahrnehmungen noch plastisch sind, wird die Vor¬
stellungswelt die Wahrnehmungswelt entscheidend beeinflussen
und ihr in weitem Umfang ihre eigene Gesetzmäfsigkeit auf¬
prägen. Der Fall der angenäherten Gröfsenkonstanz mit geringer
Neigung zur Abnahme wird also schliefslich, d. h. am Ende
der Entwicklungsphase mit noch plastischen Wahrnehmungen,
der durchaus überwiegende, wenn nicht gar allgemeine sein. Wir
konnten aber für unsere Versuche nur Fälle brauchen, in denen
dieses normale Endstadium noch nicht erreicht ist. Wir mufsten
zu unseren Versuchen gerade Beobachter heranziehen, bei denen
AB und Wahrnehmungsgegenstände bei zunehmender Entfernung
noch wachsen. Denn änderten die Wahrnehmungsgegenstände
ihre Gröfse nicht, zeigten sie vielmehr schon dasselbe Gröfsen-
verhalten wie beim nichteidetischen Erwachsenen, so liefse sich
auf diesem Wege die Plastizität der Wahrnehmungen nicht ex¬
perimentell ans Licht ziehen, selbst wenn sie noch vorhanden
wäre. Die Gröfsenversuche würden eben bei solchen Jugend¬
lichen ganz so ausfallen, wrie bei nichteidetischen Erwachsenen,
und gar nichts über den Zustand der Wahrnehmungen verraten.
Gar manche Jugendliche, deren Wahrnehmungen bei Unter¬
suchung nach anderen Methoden noch einen hohen Plastizitäts¬
grad zeigen, können darum bei den vorstehenden Gröfsenver-
suchen keine Verwendung finden. Bei manchen Jugendlichen
mufs man sich bei diesen Versuchen auch auf die W ahl eines
besonders einfachen Beobachtungsobjektes (homogenes I arben-
quadrat) beschränken, da man in manchen lällen nur dann
noch die oben beschriebenen Erscheinungen erhält, während
komplizierte, der Erfahrung und Vorstellungstätigkeit mehr An¬
haltspunkte liefernde Wahrnehmungsgegenstände bereits das ab-
schliefsende, normale Verhalten erkennen lassen, offenbar weil
hier die Vorstellungen das Übergewicht, das sie allmählich
gewinnen, schon stärker geltend machen, was noch nicht
der Fall ist bei dem bedeutungs- und sinnlosen Gegenstand des