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K. R. Jaemch.
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hafte“ Zusammenhang auf der Übereinstimmung rein formaler,,
nämlich kombinatorischer Beziehungen beruht. Kombinatorische
Prozesse gelangen in den chemischen Strukturformeln ebenso
wie in der Invariantentheorie zur Verwendung, und darum
müssen die Beziehungen der Kombinatorik in beiden Gebieten
wiederkehren. Das Fehlen eines sachlichen Zusammenhangs
geht schon daraus hervor, das sich nicht einmal für einfache
Identitäten der Invarianten eine chemische Deutung geben läfst.
3. Wenn nun auch — im Gegensatz hierzu -— die Struktur-;
Übereinstimmung der Gesetze bei den Kontrast- und Trans¬
formationserscheinungen bis ins einzelste geht und schwerlich
als eine rein formale zu deuten sein wird, so haben wir es
uns doch von Anfang angelegen sein lassen, den schon durch
die Strukturübereinstimmung der Gesetze nahegelegten Wesens¬
zusammenhang beider Gebiete noch durch eine andere, jedem
Zweifel entrückte Beweisführung darzutun. Ein einwandfreier
Nachweis für den Wesenszusammenhang zweier Erscheinungen
ist erbracht, wenn sich zeigen läfst, dafs beide durch gleitende
Übergänge miteinander verknüpft sind und durch kontinuierliche
Abwandlung der Versuchsbedingungen ineinander überführt
werden können. Darum habe ich sogleich im Beginn meiner
Farbenuntersuchungen — erstmals in meinem Strafsburger
Seminar (1912) — Versuche angestellt, bei denen der Eindruck
eines Infeldes in farbigem Umfeld überführt wird in denjenigen
eines Infeldes in farbig beleuchtetem Baum, so dafs also das¬
selbe Umfeld, welches vorher als Oberflächenfarbe gesehen
wurde, nun als farbiges Zwischenmedium erscheint, und darum
das eine Mal als „Kontrasterregens“, das andere Mal als ,,Trans¬
formationserreger“ zu bezeichnen wäre. Im 3. Kapitel der
Arbeit von Th. Cramer („Phänomenologischer Nachweis der
Übergangsfälle usw.“) sind diese Versuche wiedergegeben Und
etwas weiter ausgebaut. Hier sollte nur auf ihre theoretische
Bedeutung hingewiesen werden. Sie ergänzen unseren zunächst
„nomologischen“, auf die Strukturvergleichung der Gesetze
gegründeten Beweisgang durch den „phänomenologischen“, in-
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dem sie die Uberführbarkeit beider Erscheinungskreise ^ und
damit ihren Wesenszusammenhang, auch für die unmittelbare
Beobachtung aufzeigen.