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T. K. Oesterreich
Denkt man sich das Spektrum in allen seinen Teilen nach
unten hin immer mehr an Intensität abnehmend und allmählich
in Schwarz übergehend, so setzt das Grün bereits unterhalb des
Gelb ein (wo es nach dem Orange hin wirklich aufhört, bedarf
noch der Untersuchung).
Bei genauerer Betrachtung ergibt sich, dafs die Grüntöne
der Pigmentmischung, der Spektrallichtversuche sowie der Ver
hüllungs- (Besehattungs-) und Schleierversuche untereinander
wieder mannigfache Differenzen aufweisen. Diese Unterschiede
und ihre Bedingungen festzustellen, hat Aufgabe weiterer Unter¬
suchung zu sein. Zunächst kam es darauf an, die zentrale Grund¬
tatsache herauszuarbeiten.
Wahrscheinlich spielt die entscheidende Rolle die spektrale
Zusammensetzung des Gelb, das natürlich, von sehr extremen
Ausnahmefällen1 abgesehen, stets aus einer ganzen Zone von
Spektrallinien, besteht, die wohl auf den ersten Blick sämtlich
„gelb“ sind, aber vielleicht eben doch psychophysiologisch deut¬
lich verschiedenartig sein können. Das aus dem Gelb der Queck¬
silberlampe (577 bzw. 579 (jl/a) hervorgehende Grün sieht in der
Tat etwas anders aus als das vom Gelb einer elektrischen Birne
herrührende (im Spektralphotometer).
Auch bei Versuchen aus Anlafs einer Arbeit über die Wahr¬
nehmung in monochromatischem Rotlicht scheint sich dem Her¬
steller der beiliegenden Tafeln, Herrn Hauser, nach seinen Mit¬
teilungen zu ergeben, dafs die Rotzone des Spektrums nicht in allen
Teilen wahrnehmungspsychologisch gleichwertig ist.
Als sekundärer Faktor kommt bei den gelben Pigmentfarben
wohl auch das oben erörterte Hervortreten des in ihnen mit¬
enthaltenen gewöhnlichen Grün bei stärkerer Herabsetzung der
Beleuchtungsintensität mit in Betracht.
Es wäre übrigens eine interessante Aufgabe, Rot — Grün =
Blinde darauf zu untersuchen, wie bei ihnen die hier aufgeführten
Versuche ausfallen. Mir selbst war das bisher mangels genügender
Versuchspersonen nicht möglich. Ob vielleicht sie Schwarzgelb,
das wir Normale nur rein begrifflich zu denken vermögen, wirklich
sehen? Besonders lehrreich wäre der Versuch bei jemand, der
nur auf einem Auge rotgrünblind ist.
Die Versuche mit Natriumlicht sind für allerstrengste Betrachtung
mit Tageslichtphänomenen überhaupt nicht auf eine Stufe zu stellen, da
im Sonnenlicht Natriumlicht überhaupt nicht enthalten, sondern durch eine
schwarze FßAUENHOFERsche Linie ersetzt ist.