Weitere Untersuchungen über das Purkinjesche Phänomen
217
zunehmen, nämlich jene, die Farbe mit einem peripheren Netzhautteil, also
mit der total farbenblinden Zone zu betrachten, v. Kries (14) hat nun fest¬
gestellt, dafs die Tagesperipheriewerte von den Dämmerungswerten voll¬
ständig verschieden sind; während beim Dämmerungssehen die hellste Stelle
bei einem nur mäfsig Gelblich-Grün (Wellenlänge 536 gg) liegt, liegt sie
beim Tagessehen, wenn die Farben durch stark exzentrische Beobachtung
zum Verschwinden gebracht werden, etwa im reinen Gelb (Wellenlänge
etwa 588 gg). Diese Tatsache der völligen Verschiedenheit von Tages¬
peripheriewerten und Dämmerungswerten legt nach v. Kries die Annahme
nahe, dafs es sich um die Beteiligung zweier verschiedener Apparate (zweier
Absorbenten von verschiedenem Absorptionsspektrum) handelt. Jedenfalls
aber gehe aus ihr hervor, dafs eine Konstanz der Weifsvalenzen nicht
vorhanden sei, und also diese Annahme der HERiNGschen Theorie unhalt¬
bar wäre.
Diese Feststellungen, sowie die Ergebnisse am total Farbenblinden
und am Hemeralopen, auf die ich hier nicht näher eingehen will, sowie
schliefslich auch noch die histologische Anordnung der Stäbchen und Zapfen
haben v. Kries (9) zur Aufstellung seiner Duplizitätstheorie geführt. Nach
dieser Theorie sind 2 perzipierende Systeme vorhanden, die Zapfen (farben¬
tüchtig, wenig adaptationsfähig, Helligkeitsmaximum im prismatischen
Spektrum im reinen Gelb) und die Stäbchen (total farbenblind, sehr
adaptationsfähig, hellste Stelle im Gelblich-Grün). Die Zapfen bedingen
das Tagessehen, die Stäbchen ermöglichen das Dämmerungssehen! Bei
mittleren Beleuchtungen würden beide Apparate gleichzeitig funktionieren.
Da die Fovea nun nur Zapfen besitzt, und die Zapfen die Farben
sowohl farbig, als farblos mit gleicher Helligkeit perzipieren (wie die
Helligkeitskurve der Peripheriewerte nach v. Kries beweist), mufs nach der
Duplizitätstheorie das PuRKiNjESche Phänomen in der Fovea fehlen. Ob
dagegen die Fovea einer Adaptation, resp. einer Erregbarkeitssteigerung
fähig ist, darüber sagt die v. KRiESsche Duplizitätstheorie an sich zunächst
nichts Prinzipielles aus. Bereits im Jahre 1896 hat v. Kries (15) die Fovea
hinsichtlich des PuRKiNjESchen Phänomens untersucht, und das Fehlen des
PurkinJESchen Phänomens in der Fovea festgestellt. Dafs dagegen auch
dem Zapfenapparat ein gewisses Mafs von Adaptation zuzuschreiben ist,
wurde durch v. Kries (16) mit Nachdruck hervorgehoben.
Während also das PuRKiNjssche Phänomen nach der HERiNGschen
Theorie in der Fovea gemäfs der Farbentüchtigkeit und Adaptationsfähigkeit
dieses Netzhautbezirkes vorhanden sein mufs, mufs es nach der v. KRiESschen
Duplizitätstheorie in der Fovea, weil diese keine Stäbchen besitzt, fehlen,
und so ist dieses Phänomen zum Ausgangspunkt einer langen Reihe von
Untersuchungen geworden. Während v. Kries und seine Anhänger das
Fehlen des Purkinjsschen Phänomens in der Fovea auf das bestimmteste
betonten, wurde von der anderen Seite ebenso entschieden ein \ orhanden-
sein des PuRKiNjsschen Phänomens in der Fovea behauptet. Auf der einen
Seite sind hier besonders v. Kries und Nagel (17 u. 18) zu nennen (das
PuRKiNJESche Phänomen kann nach ihnen in einem zentralen auf 1,50
Durchmesser zu veranschlagenden Bezirk selbst unter den günstigsten
Bedingungen auf keine Weise hervorgerufen werden), auf der anderen