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A. Basler
lateinische — dafs sie in viel gröfseren Dimensionen gehalten ist
als zum einmaligen Lesen unbedingt erforderlich wäre.
Die chinesische Schrift unterscheidet sich von den
bisher beschriebenen ganz erheblich durch die aufserordentlich
grofse Verschiedenheit der einzelnen Schriftzeichen. Manche
einfache Wortsymbole, wie beispielsweise dasjenige für das Wort
„nein“ (Abb. 2) besitzen Striche, deren Breite zwischen 0,2 und
0,4 mm schwankt, Die Zwischenräume erreichen dabei vielfach
eine Gröfse von 0,8 mm. Das Gegenstück dazu bilden Schrift¬
zeichen wie z. B. „ändern“ (Abb. 3). Bei diesen sind die Striche
sowohl wie die Zwischenräume nicht gröfser als 0,05 mm. Es
handelt sich also um Entfernungen wie sie uns schon bei dem
deutschen k begegnet sind. Aber hier ist gleich das ganze
Abbildung 3 „ändern“
Zeichen aus so engen Maschen aufgebaut. Zusammenfassend
läfst sich demnach sagen, dafs die Einzelheiten vieler chinesischer
Schriftzeichen bei gewöhnlicher Leseweite auf der Netzhaut ein
etwa 4 fJL grofses Bildchen erzeugen und unter einem Sehwinkel
von einer Minute erscheinen.
Bei der chinesischen Schrift wurde in einer systematisch
durchgearbeiteten Zeile einmal ein Zwischenraum von 0,04 mm
gezählt, mehrmals ein solcher von 0,05—0,09 mm. Das Intervall
0,1—0,2 erreichte 32 °/0 aller gezählten Zwischenräume; ebenso
häufig waren die Gröfsen 0,21—0,3 vertreten.
Von der Vergröfserung der einzelnen Zeichen über
das unbedingt notwendige Mafs hinaus und damit
der Verbesserung der leichten nicht ermüdenden
Lesbarkeit hat also die chinesische Schrift nur in
bescheidenem Umfange, Gebrauch gemacht, offenbar
deshalb, weil sie sonst zu viel Raum beanspruchen
würde.