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Brunzlow.
man ein Ohr zuhält: Dämpfung!) und man wird erkennen, dafs
er mit wachsender Entfernung nicht nur an Stärke verliert,
sondern auch seine Klangfarbe oder besser seine Qualität ändert.
Oder man beobachte das Geräusch eines neben uns her fahrenden
Wagens, indem man abwechselnd das eine und das andere Ohr
verschliefst: dasselbe Phänomen. In diesen Beobachtungen wird
das Klangbild jedesmal durch Dämpfung beeinflufst (auch
wachsende Entfernung dämpft zunehmend), und je stärker die
Dämpfung, desto deutlicher wird — innerhalb gewisser Grenzen —
jeder Wechsel.
Hieraus ergab sich eine weitere Versuchsaul gäbe.
Y. Versuchsreihe: Die Beurteilung der Schallqualitäten in
ihrer Abhängigkeit von der Stellung der Schallquelle zum Ohre.
Es galt also, die Beziehungen klarzulegen, welche zwischen
den wahrgenommenen Schallqualitäten d. h. dem scheinbaren
Charakter der klanglichen Zusammensetzung eines Schalles und
der Stellung der Schallquelle zum Ohre bestehen. Ich vermeide
in folgendem den Ausdruck „Klangfarbe“ und setze dafür
„Qualität“ oder „Charakter“, weil der Begriff „Klangfarbe“ vor¬
nehmlich im musikalischen Sinne gebraucht zu werden pflegt,
während wir mit geräuschartigen Reizen arbeiteten, die zwar
auf eine gewisse Tonhöhe abgestimmt werden konnten, aber doch
keinen eigentlich musikalischen Klang besafsen; wir wählten
solche Reize, weil auch im täglichen Leben zumeist Geräusche
als richtunggegeben empfunden werden, und weil es bei ihnen
am leichtesten ist, wechselnden Charakter wahrzunehmen.
Zunächst sei über einen (zufälligen) Vorversuch berichtet.
Wir beobachteten von dem Garten, in dem wir experimentierten,
aus die Musik einer jenseits des Hauses konzertierenden Militär¬
kapelle. Dabei gelang es nun allen mit einigem musikalischen
Gehör begabten Teilnehmern der Versuche, den Unterschied in
der Klangzusammensetzung zu erkennen, w7enn man bei Ver-
schlufs des einen Ohres sich im Kreise drehte, also das hörende
Ohr der Musik bald zu-, bald abkehrte. Bei letzterer Stellung
verschwanden mehr und mehr die Bässe, und damit zugleich
erschien die Musik ferner. Diese Beobachtung ist ja wohl be¬
kannt und sogar schon musikalisch-szenisch verwertet worden,
aber sie erschien mir in diesem Zusammenhänge richtungweisend.