Stäbchenfunktion und Farbenkonstanz.
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Aktivierungstheorie des Sehens, derzufolge die Erregung der
nervösen Sehsubstanz durch mechanische Verschiebungen in den
„amikroskopischen Sehpurpurmizellen“ erfolgt und die Reaktions-
• •
weise des Sehpurpurs grofse Ähnlichkeiten mit der Farben¬
anpassung des Cyanins aufweist, für den Sehpurpur in den
Zapfen eine „hohe Verdünnung“ an.
Steht man auf dem Standpunkt der DH-Hypothese der
Stäbchentätigkeit und nimmt für die Helladaptatien nicht nur
den unverminderten Sehpurpurumsatz, sondern auch das Vor¬
handensein eines in seiner Empfindlichkeit gesteigerten Seh¬
purpurs in den Zapfen an, so ist die Möglichkeit zu dem weiteren
Schritte gegeben, die peripheren Bestimmungen der Beleuch¬
tungswahrnehmung weiter herauszuarbeiten. Es läfst sich für
diese folgendes Schema entwerfen : Für die nunmehr dominieren¬
den Verhältnisse der normalen Tageshelligkeit hat sieh der
Zapfenapparat weitgehend verselbständigt und übt die Perzeption
der Lufthelligkeit oder „Berücksichtigung des Zwischenmediums“
vermittels des „Zapfenpurpurs“ aus, dessen Empfindlichkeit ein
rasches und präzises Angreifen an der nervösen Sehsubstanz
gestattet. Die Beteiligung des Stäbchenapparates beschränkt
sich hier auf die Beisteuer des Sehpurpurmaterials. Für die
zentraleren Stationen sind unter diesen Verhältnissen die ein¬
fachsten Bedingungen für eine Verarbeitung der von der Luft¬
helligkeit gelieferten Erregungen gegeben. Diese Verarbeitung
wird um so mehr erschwert, je mehr die Beleuchtung von der
normalen abweicht. Für diese Verhältnisse ist die Funktions¬
weise des Zapfenpurpurs keine adäquate mehr; der Stäbchen¬
apparat wird mit seiner spezifischen Sehpurpurfunktion in An¬
spruch genommen und gesellt sich dem Zapfenapparat als
Auxiliarorgan zu, wobei ihm in dieser Verbindung eine den
Umständen angemessene bestimmende Rolle und bei Luftdunkel
schliefslich eine weitgehende Selbständigkeit zufällt. Bildlich
gesprochen, macht sich der Stäbchenapparat in allen drei Eigen¬
schaften des Dieners, Gesellschafters und Chefs im Ordnungs¬
geschäft der Beleuchtungswahrnehmung brauchbar.
Es mufs nach dem Vorhergehenden in der biologischen
Skala der Beziehungen zwischen Objekt und Beleuchtung eine
Stelle resp. eine Zone geben, wo die der „Farbentonkonstanz“
entsprechende „funktionelle Aufweifsung“ übergeht in eine
Zeitsehr. f. Sinnesphysiol. 57. 19