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Karl Miescher.
Wald errechnet daher für letztere und somit auch für den Schwarz¬
gehalt einen Mittelwert. Warum das gleiche Verfahren nicht
auch bei den grünen Farben zur Bestimmung der Gegenfarbe
und mithin des Weifsgehaltes verwendet wird, ist nicht ersichtlich.
Bei Farbton 88 ersetzt Ostwald einfach das rote Gegenfilter durch
ein blaues. Der Weifsgehalt wird dadurch unterschätzt.
Das analytische Verfahren liefert stets für die Eigenfarbe
maximale, für die Gegenfarbe minimale Beträge und mithin für
Weifs und Schwarz zu kleine, für die Reinheit (und auch die
Sättigung) zu grofse Werte. Die Fehler liegen immer in der
gleichen Richtung. Bestimmt man die Reinheiten zweier Gegen¬
farben und bildet ihr Verhältnis
(vi : v2), so gleichen sich die
Mefsfehler weitgehend aus. Es ist
daher nicht so sehr erstaunlich,
dafs Ostwald bei Ermittlung
solcher Reinheitsverhältnisse auf
ganz anderem Wege, nämlich nach
dem später zu beschreibenden
Pomiverfahren, gut übereinstim¬
mende Werte fand (mit Aus¬
nahme von Grün und Purpur!).1
Wenn auch daran festzu¬
halten ist, dafs die analytische
Gegenfarbmethode bisher die beste psychologische Kennzeichnung
einer Körperfarbe ermöglichte und grofse Pionierdienste zur ersten
Eroberung der Farben weit leistete, ja dafs sie auch in Zukunft
für viele praktische Zwecke vollkommen genügt, so verlangt doch
eine feinere Kennzeichnung der Farben für wissenschaftliche
Zwecke, wie auch die genaue Festlegung von Farbnormen, ein
exakteres Mefsverfahren.
Das synthetische Verfahren. Eine rationelle Messung
der Körperfarben hat sich auf die Vollfarben, d. li. die Lehre
von Farbenhalb, und mithin auf ihr „ideales“ oder, wie Ostwald
es nennt, „vereinfachtes“ Spektrum2 zu stützen. Hier ist nur
die Verdunkelung erster Art zulässig. Wenn auch gewisse
dunkelklare Farben zweiter Art sich nicht auf ein ideales Spek-
blau laubgrün
Abbildung 13.
1 Wi. Ostwald, Physikalische F., S. 208.
2 Wi. Ostwald, Physikalische F., S. 224.