Die Weifsempfindung des Stäbchenauges.
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oder nur ungenügend in Funktion getreten sei. Dafür spricht
in der Tat der Umstand, dafs bei weiteren Versuchen mit gröfseren
und helleren Feldern, über die im folgenden noch berichtet wird,
auch bei dieser Vp. eine deutliche, wenn auch geringe, Blau¬
empfindung hervorgerufen werden konnte.
Einer derartigen Erklärung widersprechen auch nicht die
Feststellungen von C. v. Hess u. A., nach welchen bei der Hemera¬
lopie allemal auch der Zapfenapparat in Mitleidenschaft gezogen
ist, zumal ja durch die Resultate dieser Forscher eine gleich¬
zeitige Störung des Stäbchen apparats keineswegs als ausge¬
schlossen gelten darf. Wohl aber legte der erwähnte Befund
eine Untersuchung des Zapfenapparats nahe. Diese wurde am
Spektralfarbenmischapparat von Ashek für hell- und dunkel¬
adaptiertes Auge durchgeführt und ergab eine deutliche Farben¬
schwäche. Herr Dr. K. erkannte keinen einzigen Farbton so früh
wie die übrigen bei der Untersuchung verwandten farbentüchtigen
Vpn. Alle Farben wiesen bei ihm eine merklich erhöhte absolute
Erkennbarkeitsschwelle auf. So erkannte er Rot, Gelb und Grün
erst bei Spaltöffnungen, die 2—3 mal so grofs waren wie die für
normale Nichthemeralope notwendigen. Bei Blau war seine
Farbenschwelle sogar noch bedeutend gröfser. Dagegen liefs sich
feststellen, dafs das sogenannte farblose Zapfenintervall bei ihm
überall von abnormer Länge war und sich als deutliches Grau-
weifs geltend machte.
Demnach wäre also anzunehmen, dafs hier das abweichende
Resultat der Hauptversuche darauf zurückzuführen ist, dafs die
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Hemeralopie den Stäbchenapparat so stark beeinträchtigte, dafs
er bei den verwendeten geringen Lichtstärken überhaupt nicht
oder nur unzureichend in Funktion trat, während die gleich¬
zeitige Störung des Zapfenapparats sich in der festgestellten ano¬
malen Länge des farblosen — d. h. beim Zapfenapparat weifs-
lichen — Intervalls äufserte. Weifses Zapfenlicht war es also,
was Herr Dr. K. bei unseren Versuchen beobachtete und beschrieb.
Es liegt nahe, die Bläulichkeit der Stäbchenempfindung auf
eine Gelbindolenz der Beobachter zurückzuführen. Der Gelb¬
indolente neigt dazu, ein schwachgelbliches Weifs als reinweifs
zu bezeichnen ; und es wäre verständlich, wenn er in Konsequenz
dieser Verschiebung der Bezugsgrundlage der Farbenbeurteilung
ein reines Grauweifs bläulich getönt nennen würde. Dafs mit
einer solchen Deutung zum mindesten nicht alle Fälle, in denen