Literaturberich t.
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sein hochgradiger anatomischer Veränderungen normale Reaction beobachtet
wird, bei ausgedehnten pathologischen Veränderungen dagegen Ausfall der
Reaction H. Piper (Berlin).
P. Bonnier, üae définition du vertige. Reçue Scientif. 16 (4), 97—104. 1901.
Im vorliegenden Aufsatz kritisirt B. die Definition des Schwindels,
die Grasset in einer in der „Revue philosophique“ (März-April 1901) ver¬
öffentlichten Studie giebt. Er selbst hat sich in einer früheren Arbeit
(Coll. Charcot - Debove) ausführlich mit diesem Problem beschäftigt, seine
damals vertretenen Anschauungen vertheidigt er gegenüber den von Crasset
geltend gemachten. Vor Allem wendet sich B. gegen die Grasset'scIio An¬
schauung, dafs der Schwindel eine „Empfindung“ sei, ein „phénomène
subjective“, und dafs es ohne subjective Empfindung überhaupt keinen
Schwindel gebe. Nach B. ist die bewufste Empfindung für das Zustande¬
kommen des Schwindels durchaus unnöthig, wenn sie vorhanden ist, so
stellt sie nur eine Begleiterscheinung des Schwindels dar, die auf gleiche
Stufe mit den übrigen secundären Symptomen — wie Nausea, Angst¬
gefühl, Schweifsausbruch, — zu stellen ist.
Diese Fragen bilden den Kernpunkt der etwas polemisch gehaltenen
Arbeit, ein genaues Referat der Detailfragen würde zu weit führen.
Hinsberg (Königsberg i. Pr.)
P. Bonnier. Le sens des altitudes. Valeur statographiqne de Poreille. Reo.
scient 17 (4), 97—104. 1902.
Nach B. hat das Ohr neben seinen bekannten Functionen (Gehör,
Gleichgewichtssinn) noch eine weitere, nämlich die, uns über die Höhe, in
der wir uns befinden, zu orientiren. B. bezeichnet diese Fähigkeit als
„sens des altitudes“, „Höhensinn“.
Er vergleicht das Mittelohr mit dem Statoskop, einem Apparat, den
die Luftschiffer benutzen, um feinste Unterschiede im Luftdruck, die durch
Steigen oder Sinken des Ballons bedingt sind, abzulesen. Der Apparat
besteht aus einer Trommel, in deren eine Breitseite eine Membran ein-
geftigt ist. Die Luft im Inneren des Statoskops communicirt durch einen
Schlauch mit der Aufsenwelt. Der Apparat functionirt, sobald dieser
Schlauch verschlossen wird, genau wie ein Aneroidbarometer; gelangt er
durch Steigen oder Fallen des Ballons in Schichten mit niedrigerem oder
höherem Luftdruck, so macht die Membran einen Ausschlag nach innen
oder nach aufsen, der auf ein Zeigerwerk übertragen wird. Das Statoskop
zeigt schon Höhendifferenzen von 0,5 m deutlich an.
Die Aehnlichkeit des Apparates mit dem Säugethierohr ist leicht er¬
sichtlich: Trommel des Statoskops = Paukenhöhle, Membran = Trommel¬
fell, verschliefsbarer Gummischlauch = Tube. Nach B. soll nun auch das
Ohr in ganz ähnlicher Weise functioniren. Sinkt beim Aufstieg in höhere
Regionen der Luftdruck, so dehnt sich die Luft in der Paukenhöhle aus,
das Trommelfell wird nach aufsen gewölbt, mit ihm rückt durch Ver¬
mittlung von Hammer und Ambos die Steigbügelplatte nach aufsen, der
Druck im Labyrinth sinkt. Durch Oeffnen der Tube beim Schluckact oder
beim Gähnen gleicht sich die Differenz zwischen Paukenhöhlen- und