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das Gehirn ein Gewicht unter 1000 g hat (Dem. paralytica, Dem. senilis,
organische Psychose). Stammt das Gehirn von einem Geisteskranken, so
ist, falls das Gehirn ein Gewicht unter 1000 g bei einem Alter unter
60 Jahren, resp. ein Gewicht unter 1160 g bei einem Alter Ober 60 Jahren
hat, das Vorliegen einer funktionellen Psychose mit Wahrscheinlichkeit
auszuschliefsen. Beim weiblichen Geschlecht mufs bei einem Alter von
unter 60 Jahren eine geistige Erkrankung im Leben als ziemlich sicher
angenommen werden, wenn das Hirngewicht unter 1000 g liegt (Dem. para¬
lytica, organische Psychose). Bei einem Alter von Ober 60 Jahren ist die
Annahme einer Psychose im Leben bei einem Gehirn unter 950 g gesichert
(Dem. senilis, organische Psychose). Umpfenbach.
Ab»old Pick. Studien fiber motorische Apraxie nnd ihr nahestehende Er¬
scheinungen, ihre Bedentnng in der Symptomatologie psychopathischer
Symptomenkomplexe. Leipzig u. Wien, Deuticke. 1905. 129 8. 3,50 Mk.
Nachdem über 2 Jahrzehnte lang die als Asymbolie oder Agnosie be-
xeichnete sensorische Störung der Willenshandlung die psychiatrische
Forschung fast auBschliefslich beschäftigte, hat die entsprechende motorische
Störung, die Apraxie im engeren Sinne erst seit wenigen Jahren Deutung
und Bedeutung gewonnen. Verf. legt seiner Arbeit das WsBNicKBsche
Schema der Willenshandlung zugrunde : Ausgangsvorstellung, Zielvorstellung
und deren Assoziationen, sowie die von der Zielvorstellung ausgehenden,
dem Willensimpulse zur Verfügung stehenden zentrifugalen Bahnen. Da
das Fortbestehen der Vorstellung des Hauptzweckes die untergeordneten
Handlungen Zusammenhalt, so ist mit dem Fehlen dieser Fortdauer, die oft
mit Aufmerksamkeitsstörungen zusammenfällt, eine Quelle für apraktische
Störungen gegeben. Weiter kommen bei der Deutung von solchen in Be¬
tracht perseveratorische Vorgänge, der Fortfall von Hemmungen u. a., so
dafs es klar wird, dafs es genetisch nicht eine motorische Apraxie, sondern
eine ganze Reihe solcher gibt. Die für die Psychologie des „Versprechens
und VerSchreibens“ angestellten Untersuchungen werden mit Vorteil heran¬
gezogen. An der Hand bis ins einzelne genau protokollierter Kranken¬
untersuchungen geht dann Verf. in scharfsinniger Weise auf eine Analyse
apraktischer Einzelhandlungen über, und zwar begnügt er sich nicht mit
der Feststellung einer gemischten sensoriBch-motorischen Apraxie, sondern
zeigt, dafs die theoretische Zerlegung der Apraxie in ihre genetischen Kom¬
ponenten sich auch klinisch als gerechtfertigt erweisen und durchführen
läfst. Ja, bei dem Studium des Buches wird es besonders klar, wie frucht¬
bar sich derartige psychopathologische Untersuchungen gestalten, wenn
sie von dem blassen Schema der Konstruktion abgehen und sich an die
greifbare Bewegungsäufserung des Kranken selbst halten. Der ganze Cha¬
rakter der Studie, die eine Aneinanderreihung zahlreicher an verschiedenen
Kranken (postepileptischer Dämmerzustand, progressive multiple Herd¬
affektion, Nachbarschaftssymptome cerebraler Herdaffektion u. a.) vorge-
nommener Experimente ist, denen jedesmal die Analyse sofort nachfolgt,
lkfst es begreiflich erscheinen, dafs eine Inhaltsangabe derselben nicht gut
gegeben werden kann; die vorbildliche Art und Weise aber, wie Verf. der
einzelnen Fehlhandlung nachgeht, sie der Zufälligkeiten entkleidet, sie