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Literaturbericht.
entscheiden. Wellenförmige Bewegungen im Krankheitsverlauf lassen sich
bereits constatiren vor den Pubertätsjahren. Vieles spricht dafür, dafs wir
es bei diesen kurz dauernden Schwankungen der Lebenserscheinungen mit
einem biologischen Gesetz zu thun haben, und dafs die dem Weibe zn-
kommeude periodische Thätigkeit der Ovarien nur eine Theilerscheinung
des ganzen Processes ist. Die menstruellen Blutungen bezeichnen nur die
Abschnitte, in denen sich die Lebenscurve bewegt. Je gesunder das In¬
dividuum, desto gleichmäfsiger, unbewufster, verläuft der periodische
Wechsel, desto ruhiger das .An- und Abschwellen der Welle; je neuro-
pathischer, desto peinlicher und störender werden die Veränderungen em¬
pfunden; die Geistesstörung schliefslich bringt mit ihrem jähen Umschlag,
dem brüsken Abheben der beiden Phasen, die Welle pathologisch schroff
zum Ausdruck. Umpfexbach.
Sydney Ball. Carrent Sociology. Mind N. S. 10 (38), 145—171. 1901.
In diesem von allgemeinsten Gesichtspunkten ausgehenden Artikel
bespricht Verf. die Grundsätze, Ziele und Voraussetzungen der neueren
Sociologie, wie sie zum Ausdruck kommen in Werken, wie
Fa. Alenqby : Essai historique et critique sur la 8ociologie chez Auguste
Comte. Paris, 1900,
G. Tabde : Social Laws : an Outline of Sociology (translated). London, 1900,
G. Tarde: Les Transformations du Pouvoir. Paris, 1899,
J. M. Baldwin: Social and Ethical Interpretations in Mental Develop¬
ment. Second Edition. London, 1899,
B. Bosanquet: The philosophical theory of the State. London, 1899,
Fb. H. Giddinqs : The Elements of Sociology. A Text-Book for Colleges
and Schools. New-York, 1899.
Eingehender beschäftigt sich B. mit der besonders von Tabde und
Baldwin verfochtenen Ansicht, dafs das grundlegende Phänomen aller
gesellschaftlichen Entwickelung die Nachahmung sei, und findet diese An¬
schauung, ganz abgesehen von der dabei angewendeten übermäßigen Er¬
weiterung des Begriffes Nachahmung, völlig unzureichend. Grofsen Werth
legt der Kritiker auch auf reinliche Scheidung der einzelnen bei Er
forschung der menschlichen Gesellschaft in Betracht kommenden Gebiete,
auf scharfes Auseinanderhalten der Sociologie und socialen Philosophie,
der Psychologie, der Ethik, deren Grenzen die modernen Sociologen nicht
selten vermischten. Offner (München).