Literaturbericht.
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Wickelung der Seelenfähigkeiten bei Kindern“, wurden 1863 in französischer
Sprache im Pariser Journal général de l’Instruction publique und 1881 nach
dieser Uebersetzung auszugsweise von Pebez als besondere Schrift ver¬
öffentlicht. Preyjkb und andere haben die Schrift offenbar nur in Gestalt
des Auszugs von Pebez gekannt. Nachdem dieser Auszug auch ins Englische
übersetzt worden war (Boston 1891), veranstaltete ich selber die erste voll¬
ständige Sonderausgabe des Originaltextes (Altenburg, Bonde, 1897), nach
der dann eine ungarische Ausgabe bearbeitet wurde. Soviel zur Geschichte
der TiEDEMANN’schen „Memoiren“. Ufer (Altenburg).
M. C. u. Harlow Gale. The Vocabularies of two Children of one Family to
two and a half Tears of Age. Psychol. Studies by Gale (1), 70—117. 1900.
Von 3 Kindern derselben Familie hatte am Ende des zweiten Lebens¬
jahres das erstgeborene einen Wortschatz von ca. 400, die späteren von
über 700. Bei allen dreien fand bis zum Alter von 21,2 Jahren ungefähre
Verdoppelung statt. Dafs die meisten anderen Kinderpsychologen auch
ungefähr die Zahl 400 fanden, erklärt G. daraus, dafs solche Untersuchungen
mit Vorliebe bei den „wunderbaren“ Erstgeborenen gemacht werden. An
seine Ergebnisse knüpft G. berechtigte Bedenken gegen die häufige geringe
Einschätzung des Wortschatzes „ungebildeter“ Erwachsener.
An einem Tag gebrauchten die Kinder 5—10000 Worte, darunter
50-65°,'o ihres gesammten Wortschatzes; dabei freilich auch wohl theil-
weise angeregt und offenkundig amüsirt durch das Gebahren ihrer Eltern,
die ihnen von Zeit zu Zeit einen ganzen Tag mit dem Notizblei folgten;
an den anderen Tagen aber immer nur die neuen Worte anmerkten; diese
Methode hält G. für die zuverlässigste.
Beachtenswerth sind die grofsen individuellen Differenzen im Wort¬
schatz; trotz der grofsen Aehnlichkeit der äufseren Bedingungen hatten die
drei Kinder weniger als die Hälfte der Worte gemeinsam, und jedes über
ein Viertel ganz für sich. G. will dies aus einem biologischen Lust-Unlust¬
gesetz erklären. Ettlinger (München).
0. Kalischer. Deber Grofshirnexstirpatlonen bei Papageien. Sitzungsberichte
d. königl. preafs. Akadem. d. Wissensch. zu Berlin 34 (5. Juli), 722—726. 1900.
- Weitere ■ittbeilongen sur Grofshirnexstirpation bei Papageien. Fort¬
schritte der Med. 18 (33), 641—644. 1900.
Die Exstirpationen des Grofshirnes bei Papageien (Sittiche, Amazone,
Cacadu) ergeben Störungen analog denen bei Affen und Hunden. Totale
Exstirpation einer Hemisphäre oder gröfserer Theile derselben ergiebt
complete gekreuzte Lähmungen, doch sterben die Thiere nach kurzer
Frist, da die Nahrungsaufnahme aufhört. Entfernungen oberflächlicher
Gehimtheile haben Störungen der Motilität und Sensibilität auf der ge¬
kreuzten Seite zur Folge, die bei älteren Individuen bedeutend länger
nachzuweisen sind als bei jüngeren. Bei letzteren können nach drei bis
vier Wochen nur Reste der ursprünglichen Schädigungen naehgewiesen
werden.