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W. Wundt.
der Herstellung des einen und dem Beginn des Uebergangs in den
andern Zustand liegt, müssen für diesen Uebergang besondere Causal-
bedingungen vorhanden sein, die im allgemeinen in dem Zusammen¬
hang der Naturerklärung bald in Kraftgleichungen bald in Trans¬
formationsgleichungen ihren Ausdruck finden oder doch finden
würden, wenn sie exact festzustellen wären. Gerade der Aufstellung
von causalen Zustandsgleichungen liegen aber meist Erfahrungen zu
Grunde, bei denen zwar ein Herausheben einzelner causal zu verbin¬
dender Zustände ausführbar, die Verfolgung der zwischenliegenden Pro-
cesse jedoch nur in qualitativer Weise möglich ist. Wenn Jemand
ein Gewicht P in die Höhe h hebt und an einem Faden aufhängt,
so entzieht sich die Entwickelung der dabei erzeugten Muskelkraft und
der durch diese entstehenden Gelenkbewegungen einer näheren Ana¬
lyse, oder sie kann mindestens als eine nicht näher zu untersuchende
Bedingung zur Erzeugung des ersten Zustandes hingenommen werden.
Wenn er den Faden durchschneidet und dadurch das Gewicht zu Fall
bringt, so wird auch dieser Vorgang wiederum, wo es sich nur um
die quantitative Herleitung gewisser Zustände aus einander handelt,
einer besonderen causalen Untersuchung nicht unterworfen werden.
Natürlich aber würde letzteres an und für sich immer denkbar und
zu einer vollständigen Zerlegung aller Vorgänge in Causalgleichungen
sogar unerlässlich sein. Doch da die Aussonderungen causaler De¬
lationen aus der unendlichen Summe der Bedingungen eines Phä¬
nomens immer eine von logischen Zweckmäßigkeitsgründen be¬
stimmte Sache freier Wahl bleibt, so wird gegen die hier getroffene
Wahl an und für sich nichts einzuwenden sein: jedenfalls ist sie
diejenige, deren sich die wissenschaftliche Untersuchung thatsächlich
bedient, und zu der sie offenbar zwei schwerwiegende Gründe hat.
Der erste besteht darin, dass der exacten causalen Betrachtung
überall diejenigen Elemente eines Thatbestandes unterworfen wer¬
den, auf die es für den speciellen Zweck der Untersuchung an¬
kommt; der andere besteht in dem Kriterium der quantitativen
Gleichheit oder Aequivalenz bei allen in der Natur gegebenen
Causalbeziehungen. Hierbei bringt es die Wandelbarkeit des
ersten dieser Motive mit sich, dass in einer gegebenen Unter¬
suchung Causalbeziehungen Berücksichtigung finden, die in einer
andern außer Betracht bleiben. So kümmert sich der Physiker,