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Dem Staate steht in seinen Behörden und dem gesamten
Verwaltungsapparat, in seinen Instituten und insbesondere in
dem ihm unterstellten Schulwesen ein reicher Schatz an Hilfs¬
mitteln zur Verfügung. Macht er hiervon den rechten Gebrauch,
so ist schon viel gewonnen. Bisher ist mancherlei verabsäumt.
In der vom Preußischen Landwirtschaftsministerium vor dem
Kriege letztmalig herausgegebenen Übersicht über die Tätig¬
keit der Preußischen Versuchsanstalten, einem recht
dickleibigen Buch, ist die staatliche Tätigkeit auf dem Pflanzen¬
zuchtgebiet auf dem Raum von noch nicht einer Seite abgetan.
Unter den hier genannten Zuchtobjekten findet man Klee¬
gräser und Futterpflanzen, in denen wir zum Teil vom Auslande
abhängig sind, überhaupt nicht. Der Etat des Landwirtschafts¬
ministeriums von 1910 sieht für sämtliche Versuchsanstalten
zusammen 700 000 Mark vor.
Im Sommer 1923 bestand Gefahr für das Fortbestehen des
Forschungsinstitutes für Kartoffelbau in Dahlem. Diese Station,
eine ursprünglich private Gründung, hat Hervorragendes für
Kartoffelbau und Kartoffelzüchtung geleistet.
Im Kriege wurde die Anstalt der Kartoffelbaugesellschaft
— sehr gegen ihren Willen — vom Reiche entzogen und als
Staatsbetrieb weitergeführt. Wegen der schlechten Finanzlage
des Reiches wurde dann im Sommer 1923 sämtlichen Angestellten
der Station gekündigt, und es bedurfte des energischen Ein¬
spruchs der Landbundabgeordneten im Reichstag, um der wichti¬
gen Anstalt das Leben zu erhalten.
Im preußischen Landwirtschaftsministerium war bis zum
Jahre 1923 für den Dezernenten für Pflanzenzucht nur die Stelle
eines wissenschaftlichen Hilfsarbeiters vorgesehen. So bewertete
der Staat eines der wichtigsten Ämter in der landwirtschaftlichen
Zentralbehörde.
Die geringe Fürsorge des Staates für die Pflanzenzucht steht
in schroffem Gegensatz zu ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung.
Dei Staat hat hier einen schweren Organisationsfehler begangen.
Demgegenüber wurde in den pflanzenzüchterischen Kongressen
und Versammlungen in den Jahren vor dem Kriege als auch in
der Literatur dieser Zeit immer wieder die Notwendigkeit und
Wichtigkeit der Ernährung aus eigener Scholle betont. Es hat
also an Anregung von privater Seite wirklich nicht gefehlt.
Auch das Ausland hat in dieser Beziehung erheblich mehr
getan als Deutschland und besonders Preußen.
Begeisterte Verehrer der Svalöfer Pflanzenzucht haben
dem Staate empfohlen, das Vorbild Schwedens nachzuahmen.
Sie wurden zweifellos den deutschen Verhältnissen nicht gerecht.
Svalöf hat den Saatguthandel in Schweden fast ganz mono¬
polisiert. Hieran können wir kein Interesse haben; denn