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Otto Abraham* und Ludwlÿ J. Brüht,
Auch diese Reihe 3,6 —1,3 er können wir vielleicht so er¬
klären , dafs höchste Töne eine geringere Empfindungsstärke
Rahen als tiefere Töne oder dafs höchst© Töne neben einem tiefen
Geräusch schwerer herauszuhören sind als tiefere. —
ScküefsMch wollen wir noch die zweite Hauptfrage, die wir uns
gestellt hatten,beantworten. Sie lautete: Wieviel Schwingungen
gehören z ur B il düng des absoluten Tonurtheils?
Die Empfindung braucht nur zwei Schwingungen, wie wir sahen,
und man sollte annehmen, dafs für die Urtheilsbildung eine
häufige Aufeinanderfolge dieser Tonstöfse erforderlich ist. Das
hat sich aber nicht herausgestellt, ln jeder Octave von der
Contraoctave an bis zur Mitte der viergestrichenen Octave, in
welchem Bezirk also zwei Schwingungen genügten, waren diese
zwei Schwingungen auch jedesmal hinreichend, um das absolute
Tonurtheil zu fällen. Wir brauchten keine Wiederholung.
Die ? rtheilszeit wurde allerdings geringer, wenn 'wir mehrere
Tonstöfse hinter einander hörten, nöthig war die Wiederholung
aber nicht.
Kurz zusammengefafst sind unsere Resultate folgende:
1. Für Sirenentöne kommt nur die der Löcherzahl ent¬
sprechende Anzahl von Schwingungen in Betracht. Nacfa-
schwingungen und Reflexionswellen bringen nur ein
Geräusch hervor, sind aber für die Tonempfindung be¬
langlos.
2. Von der Contraoctave bis zur Mitte der viergestricheneu
Octave genügen zwei Schwingungen für eine Ton¬
empfindung.
3. Von der Mitte der viergestrichenen Octave steigt die ZaU
der erforderlichen Schwingungen stetig an.
4. Das absolute Zeitimmmum eines Tones ist 0,63 a und
liegt bei g4 ; höhere und tiefere Töne erfordern mehr Zeit
5. Kurze Töne sind schwächer als langdauernde. Es kommt
bei ihnen nicht nur auf die Amplitude an, sondern auch
auf die Anzahl der Schwingungen resp. absolute Zeit
(Summation der Reize).
6. Kurze Töne sind milder und weniger spitzig als lang¬
dauernde. Die Ursache liegt vermuthlich in den tiefen
N ebenger äuschen.