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Maupertuis.
wo sein Wissensdurst zwei Jahre lang mit Cartesischer
Philosophie abgespeist wurde. Schon hier erwachte in
ihm Mißtrauen gegen einen Philosophen, der mit de
omnibus dubitandum begonnen und mit ausschweifender
Spekulation geendet hatte. Sonderbarerweise ahmte er
ihm aber in Einem Stücke nach. Wie Descartes ward
er zuerst Soldat. Er trat 1718 bei den grauen Muske¬
tieren ein und erhielt später eine Kompagnie in einem
zu Lille garnisonierenden Kavallerieregiment. Die so
gewonnene körperliche Tüchtigkeit sollte ihm in seinem
bewegten Leben später wohl zustatten kommen. Einst¬
weilen konnten sein Feuergeist und seine entschiedene
mathematische Neigung es im rühmlosen Müßiggang des
damaligen Offizierlebens im Frieden nicht lange aus-
halten, und er nahm bald den Abschied. Geschrieben
hatte er um diese Zeit noch nichts, aber in dem Café
Procope, welches bis in unsere Tage ein Sammelplatz
wissenschaftlicher und literarischer Größen blieb, hatte
er im Winter 1722 einflußreiche Verbindungen aus aka¬
demischen Kreisen angeknüpft, und es gibt einen Begriff
von der Macht seiner Persönlichkeit und seinem glänzen¬
den Talent, daß nicht allein diese Freunde in ihn drangen,
sich der Wissenschaft zu widmen, sondern daß er auch
sogleich am 11. Dezember 1723, fünfundzwanzig Jahre
alt, von der Akademie als Adjoint géomètre aufgenom¬
men wurde. Erst elf Monate später trat er dann mit
seiner ersten Abhandlung hervor: Über die Gestalt der
musikalischen Instrumente, aber schon 1725 wurde er
zum Associé astronome der Akademie befördert. Die
Bedeutung und Möglichkeit solchen Fortschrittes ist in
uns nicht ganz durchsichtigen Einrichtungen der da¬
maligen Akademie zu suchen; jedenfalls geht daraus
abermals das auf die Zukunft des jungen Maupertuis ge¬
setzte Vertrauen hervor.
Dies rechtfertigte sich bald, denn das Jahr darau
beginnt die eine Zeitlang dicht gedrängte Reihe seiner
mathematischen Arbeiten. Sie sind meistens analytisch¬
geometrischen und -mechanischen Inhalts und behandeln
Kurven höherer Art, ein durch die neuen Rechnungs¬
methoden erst vor kurzem zugänglich gemachtes FeW
von reizvollen Entdeckungen, welches dadurch noch an