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Gedächtnisrede auf Johannes Müller.
werde ihm wirklich nicht leicht, seine Feder in den
Schranken der Geschäftsbehandlung zu halten“.
Nicht minder wohltuend sind die rege Teilnahme
und das einsichtige Wohlwollen in den von Hrn. Jo¬
hannes Schulze, der mittlerweile in Berlin zu einflußreicher
Stellung gelangt war, abgefaßten Entgegnungen des Mi¬
nisters, und ganz geeignet, uns einen Blick zu eröffnen
in das Geheimnis der von beiden im Vereine zwei Jahr¬
zehnte lang geübten Kunst, die preußischen Universitäten
mit einer Schar talentvoller und für ihren Beruf be¬
geisterter Lehrer zu bevölkern.
Müller’s erster Aufenthalt in Berlin, bis zur Habilitation
in Bonn im Jahr 1824.
Zunächst handelte es sich nun darum, daß Müller
Gelegenheit werde, in den Sammlungen einer größeren
Stadt seine Anschauungen zu erweitern, und sich im
Verkehr mit bedeutenden Männern seines Faches zu ent¬
wickeln. Müller strebte nach Paris, als dem damaligen
Mittelpunkt der Naturforschung; der Minister aber, in¬
dem er ihm die von Rehfues beantragte Unterstützung
gewährte, knüpfte daran die Bedingung, daß Müller sich
zu seiner Ausbildung für das akademische Lehrfach un¬
verzüglich nach Berlin begebe.
So traf denn Müller hier im Frühjahr 1823 ein,
und fand bei Rudolphi eine Aufnahme, deren herzerwärmen¬
der Eindruck noch durch die Gedächtnisrede klingt, die
er zwölf Jahre später ihm an dieser Stelle hielt. Andert¬
halb Jahre genoß er seinen Unterricht, seinen Rat, seine
väterliche Freundschaft; Rudolphi, sagt er, habe seine
Neigung zur Anatomie zum Teil begründet und für
immer entschieden;14 seiner habe er überhaupt bei allen
Bemühungen zur Erkenntnis der Natur, ja bei jedem
Schritte fast in diesem Fortgange, höchst dankbar zu
gedenken.16 Im anatomischen Museum und, was mehr
sagen will, in dessen Vorratskammern voll noch ununter-
suchter Gegenstände, in Rudolphi’s Privatsammlungen,
seiner einzigen Bibliothek, durfte Müller heimisch werden,
und als er Berlin verließ, schenkte ihm Rudolphi ein
englisches Mikroskop, welches, wenn es auch heute sich
auf keinem Jahrmarkt sehen lassen dürfte, doch zu jener